Mit schlechtem Beispiel voran

Während in Europa nichts unversucht bleibt, die Schuldenkrise abzuwenden und die lahmende Wirtschaft wieder in Schwung zu bekommen, hat man im fernen Südamerika scheinbar eine Lösung gefunden.

Der Umgang Argentiniens mit seinen Gläubigern setzt derzeit ein verantwortungsloses Beispiel. In den 1990er-Jahren hatte sich die Handelsbilanz Argentiniens so stark verschlechtert, dass immer mehr Auslandsschulden aufgenommen werden mussten.

Durch die damit verbundene Neuverschuldung stiegen die Staatsverbindlichkeiten alleine zwischen 1996 und 1999 um 36 %. Ich habe in meinem Buch, „Der Staatsbankrott kommt“, bereits auf diese Missstände hingewiesen.

Nachdem Argentinien 2001 bekannt gab, dass das vom Internationalen Währungsfonds (IWF) vorgegebene Haushaltsziel nicht erreichen werden kann, weigerte sich dieser, die vorgesehene Hilfstranche über 1,25 Mrd. US-$ auszuzahlen.

Diese Entscheidung löste eine rasante Kapitalflucht aus, die das gesamte Bankwesen erzittern liess. Deshalb gab die Regierung in Buenos Aires dem IWF später auch die Hauptschuld am Staatsbankrott des Landes.

Als Argentinien schließlich sämtliche Zahlungen einstellte, waren 140 Mrd. US-$ an Staatsobligationen, die Privatbanken und der IWF gehalten hatten, verloren.

Fast 500.000 private Gläubiger, die für 81 Mrd. US-$ Staatsanleihen erworben hatten, begannen um ihr Geld zu zittern.

Nach einem „Friss-oder-stirb“-Angebot, das einen teilweisen Verzicht auf die Verbindlichkeiten beinhaltete, hatten die meisten Gläubiger eingelenkt, um wenigstens einen Bruchteil ihres Geldes wiederzusehen.

Viele andere, darunter Regierungen, Finanzinstitutionen und Tausende Investoren aus Deutschland, Italien und der Schweiz, schlugen das Angebot aber aus.

Die argentinische Regierung schien dadurch wenig beeindruckt. Es kam seither zu mehr als 100 Gerichtsurteilen.

Unter anderem sogar zu Schiedssprüchen der Weltbank, mit dem Ergebnis, das Land solle für seine Schulden geradestehen. Das bleibt aber bis heute ohne erkennbare Reaktion der Verantwortlichen.

Argentinien schuldet dem deutschen Steuerzahler 2,1 Mrd. US-$. Der Staat verfügt zwar mittlerweile über die nötigen Mittel für die Rückzahlung der Schulden, weigert sich aber, diese zu begleichen.

Es kommt noch dicker: Das Land hat im letzten Jahr Anteile der spanischen Ölfirma Repsol verstaatlicht, die in den Händen des argentinischen Energiekonzerns YPF lagen. Anleger reagierten geschockt.

Urteil ausgesetzt

Ein New Yorker Bezirksgericht hatte Argentinien eine Frist zum 15. Dezember des letzten Jahres gesetzt, um ausstehende Schulden bei privaten Gläubigern zu begleichen.

Buenos Aires weigerte sich aber trotzdem, den Forderungen nachzukommen und legte Berufung ein.

Die argentinische Präsidentin Christina Fernández bezeichnete das Urteil schlicht als „gerichtlichen Kolonialismus“.

Als Reaktion auf die Verweigerung setzte die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit des Landes gleich um fünf Stufen herab. Doch die Gläubiger stehen nach wie vor im Regen.

Das schlechte Beispiel könnte Schule machen, auch bei uns in Europa.

Bereits im Mai letzten Jahres, lautete die Überschrift des britischen „Guardian“: Griechenland sollte dem argentinischen Beispiel folgen. Das könnte jetzt von den hoch verschuldeten Euroländern aufgegriffen und nachgeahmt werden.

Irland, Portugal und demnächst vielleicht auch Italien und Spanien könnte das „Argentinien-Modell“ sicherlich gefallen.

Irland wurde erst vor ein paar Tagen eine Schuldenstreckung bis 2038 genehmigt. Der deutsche Steuerzahler sieht seine Hilfsmilliarden also nicht so schnell wieder.

Open all references in tabs: [1 - 3]

Leave a Reply