Viel gegeben, viel zurück bekommen

Marl.
Nur einen Steinwurf vom Nou Camp des FC Barcelona entfernt, erlebte Harro Strucksberg 1992 „das beste Spiel, das ich je gesehen habe.“ Dort auf dem Parkett des Palau Blaugrana besiegte Argentinien die Spanier mit 8:6. Vor über 17 000 Zuschauern. Es war das Finale eines Turniers im Vorprogramm der Olympischen Sommerspiele. Rollhockey war als eine Art Gefallen für den damaligen IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch die Demonstrationssportart. Strucksberg ist der Präsident des Internationalen Rollhockey-Komitees, des Weltverbandes, und gleichzeitig auch des DRIV, des Deutschen Rollsport- und Inline-Verbands. Am 14. November stellt er sich der Generalversammlung des Weltverbands in Recife/Brasilien zur Wiederwahl.

Wie Samaranch war Strucksberg Torhüter. Auf 250 Länderspiele sollte es der Keeper der Spvgg. Herten bringen. Der heute 68-Jährige kommt ins Schwärmen, wenn er an diese Zeit denkt. Da war das Rollsportstadion am Bramhügel, das über 2000 Zuschauer fassen konnte. „Direkt nebendran war eine Pommesbude. Da gab es die erste Currywurst in Herten.“ Und so kamen sie in Scharen. Für die Wurst und den Sport unter freiem Himmel. „Das war gerammelt voll, das Ding. Beim Training hatten wir mehr Zuschauer als während der großen Zeit in der Feigehalle.“ Deutsche Meisterschaften sollten die Hertener in diesen Jahren einige gewinnen, die Nationalmannschaft bestand zwischenzeitlich fast ausschließlich aus Hertenern.

Der Weg zum Rollhockey war für Strucksberg, der seine Jugend in Herten verbrachte und mittlerweile in Marl lebt, ein praktischer. Das Stadion lag direkt um die Ecke. „Alle Jungs aus meiner Kante haben statt Fußball Rollhockey gespielt.“ Dass er zwischen den Pfosten landete, lag an seinen Rollschuhen. „Ich bin einfach nicht hinterhergekommen. Ich hatte meine Rollschuhe von meiner Cousine bekommen. Das waren Tennisschuhe auf Rollen. Im Tor hat es dann einfach auf Anhieb geklappt.“

Doch Strucksberg wollte seinen Sport nicht nur ausüben, er wollte ihn ändern, ihn verbessern. Er lernte an einer Volkshochschule Spanisch, die Amtssprache im Rollhockey. Dann wurde er Mitglied des internationalen Komitees, zu dessen Vize-Präsidenten er später – „Wahrscheinlich, weil ich so pflegeleicht war“ -- vom damaligen Präsidenten ernannt wurde. Als dieser starb, übernahm der studierte Informatiker den Posten. 2004 und 2008 wurde er wiedergewählt.

Es war und ist ein schweres Amt. „Schlecht“ sei es um den Rollhockeysport bestellt. Viele Probleme lassen sich auf mangelnde Finanzmittel zurückführen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch chaotische Zustände in nationalen Verbänden wie denen in Argentinien und Mexiko. Zudem verhandelt er mit den Organisatoren der nächsten Weltmeisterschaft, die in der angolanischen Hauptstadt Luanda stattfindet, über vernünftige Übernachtungspreise für die Gäste. Luanda ist eine der teuersten Städte der Welt.

Angesichts all dieser Probleme komme er schon hin und wieder ins Grübeln, ob es den Aufwand überhaupt noch wert sei. Ausgleich findet er in der Luft. Strucksberg fliegt Ultraleichtflugzeug und gibt auch Flugunterricht. Dann sieht er auch die positiven Seiten. „Ich habe dem Sport viel gegeben, aber auch viel zurückbekommen. Es war eine schöne Zeit. Ich habe gute Freunde gewonnen.“

Stefan Müßner

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