Ozeanisches Duell in Twickenham

Das 155. Duell zwischen Weltmeister Neuseeland und Herausforderer Australien wird ein besonderes: Erstmals stehen einander die beiden Rugby-Großmächte in einem WM-Finale gegenüber (Samstag, 17 Uhr MEZ, live Eurosport), erstmals trifft ein zweifacher Champion auf einen anderen, und es geht um nicht weniger als die Ehre, als Erster den dritten Titel zu holen.

Die Rollen scheinen klar verteilt: Im direkten Vergleich führen die All Blacks mit 105:42 Siegen (sieben Spiele endeten mit einem Unentschieden) – doch in der Bilanz der Weltmeisterschaften liegen die Australier mit 2:1 voran. 1991 siegten die Wallabies im Semifinale in Irland mit 16:6, 2003 im Semifinale in Australien gar mit 22:10. Für diese Niederlage revanchierten sich die All Blacks bei ihrer Heim-WM vor vier Jahren, als sie – erneut im Semifinale – mit 20:6 gewannen.



Für die Australier wird entscheidend sein, dass sie es wie im Semifinale gegen Argentinien schaffen, defensiv stabil genug zu sein, um die überfallartigen Angriffe der Neuseeländer zu stoppen: Mit Julian Savea, der bereits acht Tries gelegt hat, stellen die All Blacks den Führenden in dieser Wertung, Nehe Milner-Skudder hat auch bereits fünf Versuche erzielt; die Australier haben die je vier Mal erfolgreichen Adam Ashley Cooper und Drew Mitchell im Team.

Und es wird für die Herausforderer entscheidend sein, dass sie ihr Scrum besser in den Griff bekommen. Denn diese Schwäche werden die All Blacks besser nutzen als die Argentinier, die eine Vielzahl von Strafen nur selten für Zählbares nutzen konnten.

Bröckerl mit Herz

Foto: REUTERS/Peter Cziborra

Eine Schlüsselrolle dürfte auf australischer Seite einmal mehr David Pocock (Bild) zukommen, der es bereits 14-mal im Turnierverlauf geschafft hat, dem Gegner den Ball wegzunehmen. Vor vier Jahren war Pocock freilich bei Neuseelands Sam Whitelock in besten Händen, und derzeit sieht der 27-Jährige auch nicht aus, als könne sich das ändern: zwei blaue Augen, eine kaputte Nase, abheilende Spuren tiefer Kratzer im Gesicht – der Sieg gegen Argentinien hatte Folgen für das 1,87 Meter große 115-Kilo-Bröckerl. Kein Problem für Pococks Freundin Emma Palandri: "Sie sagt, so lange ich nicht anfange, zu schnarchen, kann sie mit meiner nicht ganz so geraden Nase leben", erklärt der gebürtige Simbabwer, der seit 2002 in Australien lebt und sich für den Umweltschutz und gegen Homophobie einsetzt. Der Kampf für die Gleichberechtigung Homosexueller liegt David Pocock und seiner Emma sogar so sehr am Herzen, dass das Paar bis heute nicht geheiratet hat – so wollen mit der Zeremonie so lange warten, bis das auch ihren homosexuellen Freunden möglich ist.

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