Orang-Utan aus dem Zoo: Entlassen in die Wildnis?

Vor einigen Monaten haben Tierschützer vor einem argentinischen Gericht erstritten, dass der betagte Orang-Utan Sandra aus dem Zoo in die Freiheit entlassen werden muss. Aber wohin soll man sie bringen? In der Wildnis könnte sie kaum überleben.

Sandra ist ein 29 Jahre alter Orang-Utan. Foto: AFP
Sandra ist ein 29 Jahre ­alter Orang-Utan.Foto: AFP

Stuttgart - Als Tierschützer in Argentinien im Dezember 2014 die Freilassung der Affendame Sandra erstritten, war dies eine kleine Sensation: Erstmals wurde damit ein Zootier dem Menschen zum Teil rechtlich gleichgestellt. Doch fünf Monate später lebt das betagte Menschenaffen-Weibchen – Sandra wurde 1986 in einem Rostocker Zoo geboren und 1994 nach Argentinien gebracht – noch immer im Zoo von Buenos Aires. Richterin Elena Liberatori will nun von Experten wissen, ob Sandra in Freiheit überhaupt überleben kann.

„Eine Freilassung in die Natur wäre nicht realisierbar“, sagt der Chefbiologe des Zoos, Adrian Sestelo, vor Gericht. „Sandra hat ihr gesamtes Leben in einem Zoo verbracht. Sie kann nur in einer geschützten Umgebung Nahrung und Unterschlupf finden. In Freiheit wüsste sie nicht, wie man auf ein Raubtier oder eine Gefahr reagiert.“ Hinzu komme das hohe Alter der Affen-Dame. „In freier Wildbahn kann ein Orang-Utan bis zu 30 Jahre alt werden und in Gefangenschaft bis zu 40 Jahre“, sagt Sestelo. „Sandra ist 29. Es ist also gefährlich, in solch fortgeschrittenem Alter einen Wechsel vorzunehmen.“ Nach Angaben des Anwalts der Tierschützer, Andrés Gil Dominguez, wurde auch der US-Wissenschaftler und Orang-Utan-Experte Gary Shapiro gehört. Shapiro hatte zuvor schon gewarnt, ab einem Alter von acht Jahren sei eine solche Veränderung nicht zumutbar.

Was geht in dem Orang-Utan vor?

Währenddessen verbringt Sandra ihre Tage allein in ihrem Gehege. Vergangene Woche legte sie sich ein zerrissenes T-Shirt auf den Kopf und schien mit den Besuchern des Zoos Verstecken zu spielen.

Im Vergleich zu ihren turbulenten Nachbarn, einer Gruppe von balgenden Schimpansen, wirkt die kaum 1,50 Meter große Orang-Utan-Seniorin eher ruhig. Dies interpretierte die Argentinische Anwaltsvereinigung für Tierrechte (Afada) als Zeichen von Depression. Adrian Sestelo kritisiert diese Sichtweise: „Menschliches Verhalten mit dem von Tieren zu assoziieren ist ein großer Fehler. Was man bei Sandra beobachtet, ist das normale Verhalten eines Orang-Utans. Das ist ein ruhiges, einzelgängerisches Tier.“

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