Von Joachim Burghardt
Lehramtsstudent Christoph Meis hat ein Auslandssemester an der Deutschen Schule in Montevideo absolviert.
Schaag. Statt Handschlag ein Küsschen auf die rechte Wange: „Das ist die typische Art der Begrüßung bei den meisten Menschen in Uruguay, bei Männern wie Frauen“, erzählt Christoph Meis. Wie die Uruguayos leben, welche Gewohnheiten sie haben, davon hat der junge Mann aus Schaag eine Menge mitbekommen: Knapp ein halbes Jahr unterrichtete der Student an der Deutschen Schule in der Hauptstadt Montevideo. Einen Kulturschock bekam er nicht, war ihm Südamerika doch schon vertraut.
„Die Offenheit, die Herzlichkeit der Menschen hat es mir leicht gemacht, mich einzugewöhnen.“
Christoph Meis
Uruguay also, über 11 000 Kilometer entfernt auf der südlichen Erdhalbkugel: Was verschlägt einen 22-jährigen Nettetaler dahin? „Bei meinem Studium in Münster ist ein Auslandssemester Pflicht“, erklärt Meis. Englisch und Spanisch fürs Lehramt studiert er, Argentinien kannte er schon, stimmte deshalb gern zu, als das Nachbarland Uruguay „auf der Liste der spanisch-sprachigen Länder für ein Praktikum“ stand.
„Die Offenheit, die Herzlichkeit der Menschen hat es mir leicht gemacht, mich einzugewöhnen“, sagt Meis. Nett aufgenommen, schnell integriert gefühlt habe er sich, zumal er das Spanisch nach Landesart beherrscht: „Wie in Argentinien wird Spanisch in Uruguay mit einem typischen Akzent gesprochen, die Aussprache ist weicher, fließender, manches wird anders betont.“ Meis lacht: An der Uni in Münster sei er im Fach Spanisch wegen seiner südamerikanischen Aussprache schon mal geneckt worden, er habe „wohl einen Sprachfehler“.
Sein Akzent rührt aus der Zeit in Argentinien: Meis machte sein Abi am Dülkener Albertus-Magnus-Gymnasium, das einen regen Schüleraustausch mit der Deutschen Schule in Buenos Aires pflegt. So kam der Schaager erstmals nach Südamerika, war fasziniert von Land und Leuten, schloss Freundschaften, war mittlerweile mehrmals da. Ein teurer Spaß, doch Meis jobbt „nebenbei als Kellner“; und die Familie unterstützt ihn.
In Montevideo arbeitete Meis fünfeinhalb Monate als Praktikant am Colegio y liceo Alemán, der Deutschen Schule Montevideo, die vom Kindergarten bis zu den oberen Klassen alles umfasst. „Ich konnte recht selbstständig unterrichten, und zwar meist Deutsch.“ Auf Meis, der das pulsierende Leben in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires kennt, wirkte Montevideo „eher beschaulich“. Überhaupt haben die Uruguayer aus seiner Sicht die Ruhe weg: „Wenn man für neun Uhr verabredet ist, kommt vor zehn kaum einer.“ Genau das mache den Unterschied zu Deutschland aus: Hier auch im Privatleben „vieles strukturiert, organisiert“, drüben „vieles eher locker, gemächlich“.
Heimweh hatte er nicht – dafür jetzt etwas Fernweh
So fand Meis „schnell Kontakt, besonders unter den Kollegen“, erhielt manche Einladung, wohnte bei einer „sehr netten Gastfamilie“. Genoss das Essen: „Immer und überall wird viel Fleisch gegessen, bevorzugt vom Holzkohlegrill.“ Mal mit den neuen Freunden zum Konzert der lateinamerikanischen Kultband Los Autenticos Decadentes, mal zum Fußball: „Manche Fußballfans dort kennen sogar Borussia Mönchengladbach“, erinnert sich Meis.
Zeit für Heimweh blieb kaum: „Ich war oft in Kontakt mit der Familie über Skype oder WhatsApp.“ Stattdessen jetzt ein bisschen Fernweh: Als der freundliche junge Mann, der ruhig, aber lebendig erzählt und dabei viel lächelt, den Matebecher („innen Kürbis, außen Leder“) zeigt, den er als Abschiedsgeschenk bekam, senkt er den Blick. Ist einen Moment lang still. Wehmut? „Vielleicht ein bisschen“, gibt er zu. Und doch überwiege die Freude, „wieder bei der Familie zu sein, bei den Freunden“. Und zur Erinnerung habe er ja die Uruguay-Flagge mitgenommen.
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