Lizenz zum Gelddrucken?

Die Probleme in
Argentinien haben, wie schon beschrieben, die Wechselkurse einiger
Schwellenländer negativ beeinflusst, ihre Währungen verloren zum Dollar
teilweise massiv an Wert. Daraufhin reagierten einige der betroffenen Länder: So
hat die indische Notenbank überraschend ihren Leitzins erhöht und die türkische
Zentralbank will heute noch eine Sondersitzung abhalten. Auch hier wird mit
einer Anhebung der Zinsen gerechnet. Diese Nachrichten führten zumindest zu
einer vorübergehenden Beruhigung auf den Devisenmärkten.

Krise trifft überhitzten
Markt

Aber die Sorge,
dass die Währungsprobleme dieser Schwellenländer (insbesondere Indien,
Indonesien, Brasilien, Südafrika und eben die Türkei) sich zu einer größeren
Krise auswachsen, hat die Märkte erreicht. Und wie ebenfalls schon beschrieben:
Die Situation an den Aktienmärkten ist aufgrund der Überhitzung fragil.
Mittlerweile befindet sich wieder eine gewisse Anzahl von Aktien in zittrigen
Händen und das lässt zumindest theoretisch ein erhebliches Abwärtspotenzial
entstehen.

Wie eigentlich immer schon

Das Faszinierende
daran ist, dass solche Nachrichten immer dann auftauchen oder entsprechend
hochgekocht werden, wenn ein Markt überhitzt ist. Es scheint fast so, also ob in
so einer Situation die Anleger nur auf eine solche Nachricht warten, um Gewinne
mitzunehmen. Dieses Mal hat es vergleichsweise lange gedauert, bis eine solche
Nachricht auf die Märkte traf, die geeignet ist, Anleger zu verunsichern. Aber
irgendwie passiert genau das immer wieder in überhitzten Situationen. Wobei ich
glaube, dass diese Nachricht in einer anderen Marktsituation von zahlreichen
Anlegern gar nicht wahrgenommen worden wäre. Es hat aber vielleicht etwas damit
zu tun, dass die Währungsspekulationen im Moment auch überhitzt sind (dazu
gleich mehr).

Börse schaut immer nach
vorne

Aber Börse wäre
nicht Börse, wenn sie wieder schnell zur Tagesordnung übergehen würde. Und in
dieser Woche steht die nächste Notenbanksitzung der Fed an. Hier geht es um die
Frage, ob die Fed eine erneute Senkung der monatlichen Anleihekäufe vornimmt.
Analysten erwarten eine Reduzierung um 10 Mrd. auf 65 Mrd. US-Dollar je
Monat.

Reagiert die Fed auf
Argentinien?

Und jetzt wird es
wieder lustig. Auch die Fed beobachtet natürlich die weltweiten Ereignisse und
das bedeutet: Wenn sie in Sorge sein sollte, dass die Währungskrise in
Argentinien in der Lage sei, weltweite Irritationen hervorzurufen, die wiederum
auch Einfluss auf die Wachstumsaussichten der US-Wirtschaft haben könnten, dann
wird sie vielleicht zögern und nichts tun.

Die Lizenz zum
Gelddrucken?

Natürlich wurde
ein Teil des billigen Geldes der Fed von Anlegern auch und gerade in
Carry-Trades investiert. Vereinfacht ausgedrückt: Der Investor leiht sich zu
einem Zinssatz nahe null Geld von der Fed und legt dieses in einem anderen Land
mit höherer Verzinsung an.

Ein scheinbar
sicheres Konzept. Allerdings nur, solange die Währungen einigermaßen stabil
bleiben. Aber auch hier gibt es ein Schmankerl, das man kennen muss: Wenn nur
genügend Anleger diesem Beispiel folgen, wird allein der Geldfluss in dieses
Land die Währung stützen. Wenn man dann noch breiter diversifiziert und das
Spiel in mehreren Währungen spielt, kann man sich gegen diverse Einzelrisiken
absichern. Ein solches träte zum Beispiel ein, wenn in einem Land ein partielles
Problem auftaucht, das nur die Währung dieses Landes schwächt.

Diversifikation als
Gefahr!

Aber genau hier
wird eine Diversifikation zur Gefahr. Und zwar dann, wenn Ereignisse eintreten,
die nicht nur ein Land betreffen. Im Falle Argentiniens, insbesondere mit der
Erinnerung an die vergangene Staatspleite vor elf Jahren, wurden alte Sorgen
wach, dass es in Folge dieser aktuellen Krise zu einem allgemeinen Abzug von
Geld aus Schwellenländern kommen könnte. Und das führt in den vergangenen Tagen
dazu, dass vornehmlich institutionelle Anleger ihre Währungs- und
Zinsspekulationen panikartig aufgelöst haben. So entstanden die
Währungsturbulenzen, die dann in Folge auch die Aktienmärkte
beeinflussten.

Die Lizenz zum Gelddrucken gibt es
nicht

Auf diese
scheinbar so sicheren Währungs- und Zinsspekulationen sind schon viele Anleger
hereingefallen, da es eben nur auf den ersten Blick die Lizenz zum Gelddrucken
ist. Das Risiko, dass durch einen stark fallenden Kurs der Währung die
Spekulation nach hinten losgeht, und die Anleger in einem Rutsch viel Geld
verlieren, ist im Vergleich zu der zu erzielenden Rendite vergleichsweise
hoch.

Die Länder
reagieren

Und so erklärt
sich auch, warum ein Teil dieser Länder nun sehr schnell reagiert und die Zinsen
anhebt eben weil sie ein hohes Interesse daran haben, dass nicht zu viel Geld
aus ihren Märkten abfließt.  Durch die Zinssenkung soll auf der einen Seite
die Währung gestützt werden und auf der anderen Seite das Land für Anleger
wieder interessanter gemacht werden, eben weil die Risiken für die Anleger
sinken.

Reagiert nun aber auch bereits die
Fed?

Und jetzt kommt
wieder die Fed ins Spiel, um den heutigen Kreis zu schließen: Wenn die Fed ihre
Politik des lockeren Geldes jetzt zu sehr einschränkt, könnte das wiederum einen
zusätzlich schwächenden Einfluss auf die Wechselkurse dieser genannten Länder
haben. Denn ein wichtiger Teil dieser Spekulationen ist eben dem billigen Geld
der Fed geschuldet. Wenn Anleger fürchten, dass diese Politik bald zu Ende geht,
werden sie versuchen, möglichst vor allen anderen ihre Carry-Trades aufzulösen.
Die Frage ist also, ob die Fed dieses Risiko eingeht, eingehen kann oder nicht
eingeht. Daran werden wir gleichzeitig erkennen können, wie gefährlich die Fed
die Lage in Argentinien und auf den Devisenmärkten einschätzt. Morgen wissen wir
mehr!

Viele
Grüße

Jochen
Steffens

(Quelle: www.stockstreet.de)

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