Keine Zeit für die Liebe

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02. November 2012

DRAMA: "Der deutsche Freund".


  1. Celeste Cid, Max Riemelt Foto: pro

Sulamit liebt Friedrich, und Friedrich liebt Sulamit – schon immer. Beide wachsen nach dem Zweiten Weltkrieg als Nachbarn in einem noblen Viertel von Buenos Aires auf. Den Eltern gefällt die Freundschaft nicht. Friedrichs Familie ist deutsch. Sein Vater war SS-Obersturmbannführer. Ein Kriegsverbrecher. Tatsächlich sind viele ranghohe Nationalsozialisten nach dem Zweiten Weltkrieg mit falschem Pass nach Argentinien ausgewandert. Sulamits Eltern sind jüdisch, ebenfalls aus Deutschland geflohen – vor Menschen wie Friedrichs Vater. Nur eins haben die Eltern gemeinsam: Sie erzählen ihren Kindern nichts von ihrer Vergangenheit. Als Friedrich zufällig herausfindet, wer sein Vater wirklich ist, bricht er mit seinen Eltern und geht nach Deutschland.

Die Regisseurin Jeanine Meerapfel ist 1943 in Argentinien geboren und besuchte in Buenos Aires die Journalistenschule. Sie kennt die Zeit, in der ihr Film spielt, vergisst aber, dass diese Kenntnis nicht selbstverständlich ist. Meerapfel will in ihrem 104 Minuten langen Film zu viel: Einzelne Punkte der Geschichte handelt sie zu schnell ab – als Zuschauer fällt es einem schwer hinterherzukommen. Dabei gibt der Film seinen beiden Hauptdarstellern, Max Riemelt als Friedrich und Celeste Cid als Sulamit, nicht genügend Zeit, ihren Charakteren mehr Tiefe zu geben. Dass sie dazu in der Lage wären, daran besteht kein Zweifel.

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Meerapfel lässt gern ihre Bilder sprechen, und es sind schöne Bilder, von Argentinien, von Buenos Aires, von Kindern, die erwachsen werden. Aber die Erzählgeschwindigkeit ist anfangs viel zu langsam, fast langweilig. Diese Zeit fehlt dem Film schließlich dann, wenn es wirklich interessant wird: wenn Friedrich in Deutschland ist und Sulamit ihm folgt. Eine Geschichte von politischem Aufbruch bis hin zur Radikalisierung: Friedrich, ein Argentinier mit deutschen Wurzeln, will sich den Guerillakämpfern in seinem Geburtsland anschließen. Für die Liebe bleibt nicht viel Platz. "Der deutsche Freund" nimmt sich ein Interessantes Thema vor, am Ende bleibt man als Zuschauer jedoch unbefriedigt.
– "Der Deutsche Freund" (Regie: Jeanine Meeapfel) läuft in Freiburg.

Autor: Julia Flüs

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