Wann für Ottmar Hitzfeld das Rentner-Dasein beginnt, hängt von Lionel Messi und dessen Teamkollegen ab. Läuft es schlecht und die Schweizer Fußballer verlieren am Dienstag bei der Weltmeisterschaft gegen Argentinien, ist der 65-Jährige plötzlich Pensionär.
Aber der deutsche Meistertrainer hat noch nicht genug und könnte im Erfolgsfall erneut sagen: "Ich bin glücklich, dass der Stress weitergeht." Mit diesem Bonmot hatte Hitzfeld bereits launig das Erreichen des Achtelfinales kommentiert. Mit dem Einzug in die K.o.-Phase schaffte der Meistercoach die Rehabilitation für das Aus vor vier Jahren in Südafrika und veranlasste Verbandschef Peter Gilliéron schon vor dem Duell mit den Argentiniern zu wahren Elogen.
"Wie Hitzfeld das Team führt, bewundere ich", schwärmte Gilliéron im Interview mit der Nachrichtenagentur si. "Seine Art und Weise, mit der Equipe umzugehen, ist für mich außergewöhnlich." Die Entscheidung, den Vertrag mit dem deutschen Coach zu verlängern, "war richtig. Wir haben das erklärte Ziel erreicht und stehen nun vor einem Spiel, das in schöner Erinnerung bleiben könnte." Hitzfeld selber meinte sogar: "Man kann Geschichte schreiben."
Der Verbandschef gab auch seine Beobachtungen des erfahrenen Coaches wieder. "Vor Spielen ist er immer angespannt. Aber zurzeit erreicht seine Fokussierung schon fast eine neue Dimension", verriet Gilliéron: "Dieser Zustand der totalen Konzentration ist imposant. Ich sehe ihm an, wie er sich permanent mit dem kommenden Spiel beschäftigt." Hitzfeld "wendete das Blatt in prekärsten Lagen - wie zuletzt nach dem Frankreich-Spiel" und "schuf einen neuen Spirit, eine andere Atmosphäre". Viel mehr Lob scheint kaum möglich.
Gilliérons Sätze dürfen durchaus als Replik aufgefasst werden. Nach der deftigen Niederlage gegen Frankreich hatte es in den Schweizer Medien reichlich Kritik gegeben, vor allem an Xherdan Shaqiri, erstmals aber auch an Hitzfeld. Diese ist durch das Erreichen des WM-Achtelfinales durch drei Shaqiri-Tore naturgemäß verstummt.
Wie es für Hitzfeld und sein Team weitergeht, hat der Schweizer Verband bereits genau festgelegt. Gelingt den Eidgenossen gegen die favorisierten Argentinier die große Überraschung, würden sie am folgenden Tag nach Brasília weiterreisen, wo die Mannschaft im Viertelfinale auf den Sieger der Partie Belgien gegen USA träfe. Nicht nur Gilliéron würde dann weitere Lobeshymnen für Hitzfeld auf den Lippen haben. Scheitern die Schweizer hingegen, dann fliegt Hitzfeld am Mittwochmorgen als Rentner über São Paulo nach Zürich.