"Die Proben wären Beschäftigungstherapie gewesen"

Eigentlich sollte Katharina Wagner derzeit in Buenos Aires sein und proben. Am 27. November soll am dortigen Teatro Colón eine auf einen Abend gekürzte Fassung von Richard Wagners "Ring des Nibelungen" über die Bühne gehen, mit Katharina Wagner als Regisseurin. Aber nach nur einem Tag Aufenthalt in Argentinien ist die Wagner-Urenkelin gleich wieder zurück nach Deutschland geflogen.

Die Welt:

Frau Wagner, warum sind Sie nicht in Buenos Aires?

Katharina Wagner:

Ich kam mit meinem Team pünktlich am Dienstag zum Probenbeginn ins Teatro Colón, und es war einfach nichts von dem da, was vorher verabredet war. Es gab nahezu keinen Probebühnenaufbau. Die Kostüm- und die Maskenabteilung hatten mit ihrer Arbeit noch nicht einmal angefangen. Assistenten und einige Sänger fehlten. Und es war absehbar, dass das alles auch nicht innerhalb von zwei Tagen da stehen würde. Deshalb sind wir erst einmal wieder nach Hause geflogen. Hier in Bayreuth habe ich auch genug zu tun.

Was heißt denn "erst einmal"? Hat dieser "Ring" noch eine Chance?

Wir haben jedenfalls nicht abgesagt. Solche Pressemeldungen wären falsch. Im Gegenteil. Wir haben dem Intendanten gesagt, wir wollen arbeiten und unseren Vertrag erfüllen. Wenn die Voraussetzungen für sinnvolle Probenarbeit gegeben sind, können wir binnen 48 Stunden zurückkehren und mit der Arbeit beginnen.

Was hat der Intendant dazu gesagt?

Er sprach wenig. Er fragte, ob ich bereit sei, "irgendwie anders" zu proben, also ohne Probebühnenaufbau, Requisiten und benötigten Künstlern. Das habe ich verneint. Das wäre eine reine Beschäftigungstherapie für alle Beteiligten gewesen. Daraufhin verließ er den Raum und knallte die Tür. Wir saßen da und warteten, weil wir dachten, er kommt noch mal wieder und macht irgendeinen Vorschlag. Aber das tat er nicht. Als wir dann wieder in Deutschland waren, habe ich ihm noch einmal per Mail geschrieben, dass ich den Vertrag erfüllen will und dass er mir sagen soll, wann wir wiederkommen können. Bisher hat er darauf nicht reagiert.

Das Teatro Colón will an der Produktion festhalten, soll aber einen Ersatzregisseur für Sie engagiert haben.

Das habe ich gerade der argentinischen Presse entnommen. Ich bin darüber aber nicht informiert worden. Ich kann nur sagen: Ich würde nie in einem fremden Bühnenbild und einer fremden Inszenierung herumhausen, schon aus urheberrechtlichen Bedenken nicht. Ich kann ja nicht künstlerische Gedanken von jemand anderem übernehmen. Das wäre für mich undenkbar.

Ihr "Ring"-Projekt hatte es von Anfang an schwer. Die Vorbereitungen in Argentinien gerieten immer wieder ins Stocken. Wie haben Sie sich in den über die Zwischenstände in Buenos Aires informiert?

Ich habe immer wieder nachgefragt beim Theater und bei den Beteiligten. Dabei habe ich auch erfahren, dass nicht alle Beteiligten anreisen würden, weil das Theater teilweise noch keine Verträge ausgestellt hat. Das führte auch dazu, dass manche Mitwirkenden keine Arbeitsvisa bekamen. Ich kann gut verstehen, dass Künstler ohne Vertrag und Visa nicht anreisen wollen. Ich habe auch immer wieder Mails geschickt, welche Dinge wir für die Inszenierung brauchen. Die Probenpläne habe ich schon vor Monaten geschickt. Da kam gar keine Reaktion.

Wie realistisch ist es, dass Sie nach diesem ganzen Gezerre den "Ring" doch noch machen?

Es wird immer unrealistischer, weil die Probenzeit natürlich davonläuft. Aber es gibt ja Optionen. Man könnte die Premiere zum Beispiel verschieben.

Sollten Sie nun wirklich nicht mehr nach Argentinien zurückkehren – wer bezahlt Ihnen dann Ihre bisherige Regie-Arbeit?

Höchstwahrscheinlich niemand, davon bin ich überzeugt. Aber darum geht es mir wirklich nicht. Wir sind enttäuscht, weil wir zwei Jahre lang an dem Projekt gearbeitet haben und diesen "Ring" einfach auf der Bühne sehen wollten.

Wäre es denkbar, dass Sie das Projekt jetzt auf einer anderen Bühne realisieren?

Auf jeden Fall. Das ganze Projekt ist fertig. Wenn heute ein Opernhaus bei mir anriefe und mir einen Probenaufbau hinstellen würde, könnte ich dort sofort mit den Proben anfangen.

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