Davis Cup – Argentinien nur "Scheinriese"?

Kennen Sie Herrn Turtur? Den Scheinriesen aus der Augsburger Puppenkiste, der mit Lukas dem Lokomotivführer und Jim Knopf spannende Abenteuer erlebt? Herr Turtur ist der größte deutsche Hoffnungsträger im Erstrundenduell des Davis Cups gegen Argentinien - nicht Philipp Kohlschreiber, auch nicht Florian Mayer und schon gar nicht Tommy Haas, der in Buenos Aires überhaupt nicht dabei ist. Teamchef Carsten Arriens hofft, dass es den Gauchos ab Freitag (15:00 Uhr) so ähnlich ergeht wie dem Herrn Turtur, der nur aus der Distanz betrachtet ein Riese ist.

"Ich mag das Bild", sagt Arriens vor seiner Premiere als Kapitän dem SID: "Argentinien ist ein Riese, aber je näher dieser Riese kommt, umso kleiner wird er." Bei genauer Betrachtung seien die Gastgeber sogar ein Kontrahent auf Augenhöhe, "es gibt kein Spiel, das von Beginn an entschieden ist".

Beim Blick auf die Aufstellung stellt sich sogar die Frage, wer in diesem Duell die größere Nummer ist. Die Namen Carlos Berlocq und Horacio Zeballos sind höchsten Tennis-Insidern bekannt. David Nalbandian hat zwar eine herausragende Bilanz im Davis Cup, allerdings seit Monaten kaum Spiele bestritten.

Del Potro sagt ab - Bilanz Meyers mach Mut

Einzig Juan Monaco - mit drei Titeln nach Rafael Nadal der erfolgreichste Sandplatz-Spieler der vergangenen Saison - verbreitet Schrecken. Nach der Absage von Juan Martín del Potro, dem "Turm von Tandil", ist er die einzig verbleibende Größe im Team. Monaco schrumpft allerdings wieder beim Blick auf seine Bilanz gegen Florian Mayer. Die deutsche Nummer zwei aus Bayreuth hat bislang fünf von sechs Duellen mit Monaco gewinnen können - vier davon sogar auf Sand. "Genau das sind die Fakten, die wir uns konkret anschauen", sagt Arriens.

Erschreckende Statistik in Südamerika

Nicht wegzudiskutieren ist allerdings die Auswärtsschwäche deutscher Tennis-Teams in den vergangenen Jahrzehnten bei ihren Reisen nach Süd- oder Mittelamerika. In Mexiko, Brasilien oder eben Argentinien gab es seit 32 Jahren nichts mehr zu holen. Auch nicht für Boris Becker, Michael Stich oder Rainer Schüttler. Das lag manchmal an der stickigen Hitze, öfter an staubigen Sandplätzen und immer an den heißblütigen Zuschauern. Davis-Cup-Atmosphäre ist ein Euphemismus für die teilweise feindselige Stimmung in den Stadien.

Das Parque Roca in einem der Stadtteile von Buenos Aires, wo der Putz längst von der Wand gebröckelt ist und sich Taxifahrer an einer roten Ampel unwohl fühlen, könnte mit seinen 14.000 Plätzen solch ein Hexenkessel sein. Allerdings ist Urlaubszeit in Argentinien und so erwarten die Veranstalter nicht mehr als 5000 Zuschauer. "Wir sind auf alles eingestellt, aber das wäre sicher kein Nachteil für uns", sagt Arriens.

Je näher der vermeintliche Tennis-Riese Argentinien kommt, desto kleiner wird er also. Oder nur kleiner geredet? Damit die DTB-Auswahl tatsächlich die Abstiegsrunde vermeiden und ins Viertelfinale - Gegner wäre dort Israel oder Frankreich - einziehen kann, muss vor allem Rückkehrer Philipp Kohlschreiber über sich hinauswachsen. Bei 35 Grad ist der Augsburger an allen drei Tagen im Einzel und Doppel an der Seite von Christopher Kas gefordert.

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