Atmosphärisch dichter Abend mit Bandoneon in der Alten Druckerei

„Das Bandoneon“ heißt der Roman von Hans Meyer zu Düttingdorf, in dem der Autor mit seinem Co-Autor Juan Carlos Risso, seine Hauptfigur Christina auf die Suche nach der Vergangenheit ihrer Familie in Argentinien schickt. Am Mittwochabend stellte er die unterhaltsame Geschichte zu stimmungsvoller Bandoneonmusik in der Alten Druckerei vor.

Im Mittelpunkt des Romans stehen Emma und Christina: Emma, eine junge Frau aus Berlin, hat in den 1920er Jahren nach Argentinien geheiratet und nimmt auf der Estanzia der Familie ihres Mannes am Leben der Oberen Zehntausend teil, erlebt auch den Zerfall dieser Gesellschaft. Und sie verliebt sich unsterblich in einen Musiker – er spielt Bandoneon. Viel später, im heutigen Berlin, entdeckt die Journalistin Christina nach dem Tod ihrer Mutter eine merkwürdige Postkarte: „Das Bandoneon trägt mein ganzes Leben. E.“ Und sie macht sich auf die Suche nach dem Rätsel dieser Postkarte.

Meyer von Düttingdorfs Roman kombiniert gekonnt zwei verschiedene Handlungsstränge und verbindet so rückblickende Analyse und lineare Erzählung in einer spannungsreichen Geschichte. Aber auch seine Landschaftsschilderungen, in denen die Weite der argentinischen Pampa und der Charme der exklusiven Badeorte am Atlantik ebenso vor den Augen des Lesers lebendig werden wie die alten Kolonialvillen und der aristokratische Lebensstil der stimmig gezeichneten Figuren, tragen zum besonderen Flair dieses Romans bei. Und das heutige Argentinien gewinnt plastische Konturen, wenn Christina von ihrer Kollegin in Argentinien am Beispiel des Straßenverkehrs in die Mentalität der Menschen eingeführt wird, deren freiheitsliebende Unbekümmertheit so gar nicht der Ordnungsliebe der Europäerin entspricht.

Der atmosphärischen Dichte des Romans entspricht die Präsentation in der Alten Druckerei, in der Meyer zu Düttingdorfs Vortrag in lockerem Plauderton ergänzt wird durch charakteristische Videobilder von Argentinien und die rassigen Tangos von Michael Dolak, die in ihren Rhythmen und Melodien die überschäumende Lebensfreude, aber auch die Schwermut der Argentinier stimmungsvoll einfangen.

Konstanze Führlbeck

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