Argentinien: Argentiniens Parlament für Gründung eines neuen Geheimdienstes

Fünfeinhalb Wochen nach dem mysteriösen Tod von Staatsanwalt Alberto Nisman hat das argentinische Parlament den Weg zur Gründung einer neuen Geheimdienstbehörde frei gemacht. Das Abgeordnetenhaus stimmte deutlich für den Gesetzentwurf der Regierung.

Dieser sieht die Auflösung des bisherigen Geheimdienstes SI (Secretaría de Inteligencia) vor. Nach Ansicht von Präsidentin Cristina Kirchner hatte dieser gegen die Regierung agiert.

Der SI soll nun durch die Agencia Federal de Inteligencia (AFI) ersetzt werden. Zuvor hatte bereits der Senat dem Vorhaben zugestimmt.

Inhaltlich sieht das neue Gesetz unter anderem vor, geheimdienstliche Abhöraktionen einer stärkeren Kontrolle durch die Regierung zu unterstellen. Die Sitzung des Abgeordnetenhauses begann am Mittwoch mit einer Schweigeminute für Nisman. Die AFI wurde unter die Aufsicht des engen Kirchner-Beraters Oscar Parrilli gestellt.

Hintergrund der Umstrukturierung ist der mysteriöse Tod Nismans. Die Opposition wirft Kirchner vor, durch die Debatte über den Geheimdienst von seinem ungeklärten Tod ablenken zu wollen. Der Staatsanwalt wurde Mitte Januar tot in seiner Wohnung in Buenos Aires aufgefunden - wenige Stunden vor einer geplanten brisanten Anhörung im Parlament.

Bei dem Termin im Parlament wollte der Staatsanwalt nach eigener Ankündigung Kirchner vorwerfen, iranische Regierungsangehörige nach einem Anschlag auf die jüdische Wohlfahrtsorganisation Amia mit 85 Toten im Jahr 1994 vor der Strafverfolgung zu schützen. Nisman warf Kirchner und ihrem Aussenminister Héctor Timerman vor, seine Ermittlungen zu behindern.

Der Staatsanwalt machte den Iran für den Anschlag verantwortlich. Wenige Tage vor seinem Tod beschuldigte er die argentinische Regierung, die Aufklärung des Falls zu hintertreiben, um das Verhältnis zu Teheran nicht zu belasten.

Die genauen Umstände von Nismans Tod sind weiter ungeklärt. Autopsie-Ergebnisse deuteten nach Angaben der Ermittler auf einen Suizid hin. Neben Nisman, der durch einen Schuss aus nächster Nähe in den Kopf starb, wurde eine Pistole gefunden.

An Nismans Händen wurden allerdings keine Schmauchspuren nachgewiesen. Die neben dem Toten gefundene Waffe soll ein Vertrauter Nismans, Diego Lagomarsino, dem Staatsanwalt gegeben haben. Lagomarsino wurde deshalb angeklagt.

Viele Argentinier glauben, die Regierung habe Nisman töten lassen, weil sie seine Enthüllungen fürchtete. Kirchner warf hingegen dem SI vor, gegen die Regierung zu agieren. Sie mutmasste, Nisman sei getötet worden, um ihr im Anschluss Vertuschung vorwerfen zu können.

Aus Kirchners Umfeld wurde auf ehemalige Geheimdienstmitarbeiter verwiesen, die sich womöglich für ihre kürzliche Entlassung rächen wollten. Kirchner hatte im Dezember die damalige SI-Spitze abgelöst. Das sorgte in Sicherheitskreisen für erhebliche Unruhe.

Vorläufer von SI war der Geheimdienst Secretaría de Inteligencia del Estado (Side), der während des sogenannten schmutzigen Kriegs zur Zeit der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 Regierungsgegner und linke Gruppen verfolgte. Zehntausende wurden damals gefoltert, getötet oder verschwanden. (SDA)

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