Aus Rio de Janeiro berichtet Dirk Adam (Twitter: @dirk_adam)
Die deutsche Mannschaft ist sich ihrer Stärke bewusst.
Bei der abschließenden Pressekonferenz vor dem Endspiel gegen Argentinien wirkte Bastian Schweinsteiger äußerst fokussiert, aber auch entspannt. Die "Goldene Generation" ist in den vergangenen Jahren zur Einheit gereift, in der sich die meisten Spieler noch einen Schritt weiterentwickelt haben.
Deutschland ist heiß auf den Titel. Schweinsteiger, Lahm und Khedira haben die Nase voll, bei großen Turnieren immer nur die zweite Geige zu spielen. "Jetzt sind wird dran", so die einhellige Meinung aller Kicker, die den vierten Stern auf ihre Brust heften wollen. "Ich habe gar keine Angst", erklärte auch Bundestrainer Joachim Löw mit Blick auf das Finale im Maracana.
Gelingt seiner Mannschaft der große Coup gegen Argentinien, könnte Deutschland in den kommenden Jahren die beherrschende Fußballnation werden, denn Schweinsteiger und Lahm werden nach dieser WM ihre Schuhe nicht an den Nagel hängen. Im Gegenteil, die Mannschaft wächst noch weiter zusammen. Junge Talente wie Christoph Kramer kommen nach.
Der Pool an Nachwuchsspielern ist schier unerschöpflich. Dank dem Umbruch vor 14 Jahren im eigenen Verband. Auf Drängen von Gerhard Mayer-Vorfelder sowie Beinahe-Bundestrainer Christoph Daum wurden nach der desaströsen EURO 2000 neue Konzepte entwickelt, denen Jürgen Klinsmann und Löw wenige Jahre später einen gewaltigen Schub verliehen.
Perfektes Umfeld in Deutschland
"Dass, was die Nationalmannschaft hier macht, ist richtungweisend, vor allem für die kleineren Vereine. Ich bin überzeugt davon, dass wir nach diesem Turnier einen erhöhten Zuspruch von jungen Menschen haben werden, die Fußball spielen wollen", ist sich DFL-Präsident Reinhard Rauball sicher. Doch Deutschland ist gewarnt. 1990 schlug die Euphorie zu hohe Wellen.
Nach dem Gewinn des WM-Titels sowie mit Blick auf die Wiedervereinigung orakelte Franz Beckenbauer, dass der deutsche Fußball auf Jahre hinaus unschlagbar werde. Das Gegenteil trat ein. 2014 sind die Strukturen andere. Selbst wenn Deutschland den WM-Titel nicht gewinnt, fällt der Verband weich. Das Umfeld, die Stadien und die Nachwuchsarbeit sind perfekt.
Fußballnationen wie Spanien zuletzt oder Frankreich gegen Ende der 1990er Jahre könnten vom DFB-Team über hinweg Jahre in den Schatten gestellt werden. Denn viele Nationalspieler sind noch jung, andere haben im Nationalteam ihre ersten Schritte gemacht. Man denke nur an Marco Reus oder Ilkay Gündogan, die wegen Verletzungen noch nicht einmal dabei sind.
Löw hat seinen Kader mit Bedacht gewählt und viele junge Spieler mitgenommen, um sie Turnierluft schnuppern zu lassen. Julian Draxler, Erik Durm und Matthias Ginter sind nur einige Namen, denen mit Sicherheit die Zukunft gehört. Obwohl von diesem Trio mit Draxler bisher nur ein Spieler eingesetzt wurde, können die anderen im deutschen Team wichtige Erfahrungen sammeln.
Häßler: "Eine fantastische Truppe"
"Ich hoffe doch, dass uns diese Mannschaft beerbt. Immerhin ist der letzte Titelgewinn schon 24 Jahre her", meinte Weltmeister Klaus Augenthaler (1990) im Kicker. Und auch Teammanager Oliver Bierhoff kann's kaum erwarten. "Es wird Zeit, dass der Ball rollt, es wird Zeit, den vierten Stern für Deutschland zu holen!" Denn ohne Titel gibt es keine Feier in Berlin.
Nur wenn Deutschland Weltmeister wird, präsentiert sich die Mannschaft am Dienstag auf der Berliner Fanmeile, um mit ihren Anhängern zu feiern. Daran besteht für Thomas Häßler (Weltmeister 1990) kein Zweifel. "Ich werde mich zurücklehnen, zusehen und genießen, wie diese fantastische Truppe unser Erbe antreten wird", so der ehemalige Nationalspieler.
Häßler muss es wissen, immerhin zählte er vor 24 Jahren zu den Champions, die unter Beckenbauer für Deutschland den dritten Titel holten. "Damals gab es nach der WM 100.000 Neuanmeldungen in den Amateurvereinen. Es wäre schön, wenn dieser Effekt wieder einsetzt. Ich hoffe sehr, dass die Amateurvereine von dieser WM profitieren könnten", erklärte Rauball.
Eine exzellente Visitenkarten in Brasilien hat das DFB-Team bereits abgegeben. Nach dem 7:1-Sieg über die Seleção drücken die Brasilianer der deutschen Mannschaft gegen Argentinien die Daumen, um den finalen Schritt zum Machtwechsel zu vollziehen. Mit einem Sieg gegen die "Albiceleste" können Löw, Schweinsteiger und Lahm das Zepter übernehmen. Für lange Zeit.
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