WM 2018 – Südamerika mit neuem Anlauf

Südamerika nimmt einen neuen Anlauf: Seit 2002 (Brasilien) konnte kein südamerikanisches Land den Weltmeistertitel holen. Damit blieb der WM-Pokal zum dritten Mal hintereinander in Europa, zuvor kam seit dem Zweiten Weltkrieg mindestens bei jeder zweiten WM der Sieger aus Brasilien, Argentinien oder Uruguay. Dennoch: Der Fußball in Südamerika ist in der Breite deutlich stärker geworden.

Die "Kleinen" holen weiter auf

Mit Chile gibt es einen neuen Copa-América-Sieger, dessen Mannschaft um Arturo Vidal (Bayern München) und Alexis Sanchez (FC Arsenal) schon seit einigen Jahren als hochtalentiert gilt, aber in Turnieren regelmäßig - auch aufgrund von Lospech - die Segel streichen musste. Den spektakulärsten Auftritt auf der Bühne legte allerdings Kolumbien um Superstar James Rodriguez bei der vergangenen WM hin und scheiterte erst im WM-Viertelfinale in einem dramatischen Spiel an Gastgeber Brasilien.

Arturo Vidal feiert den Gewinn der Copa America

Arturo Vidal feiert den Gewinn der Copa America.

Gerade Kolumbien und Chile zeichnen sich vor allem durch ein mannschaftlich geschlossenes Auftreten auf. Aber: Die teuersten südamerikanischen Fußballer kommen mittlerweile nicht nur vom Zuckerhut oder aus Argentinien, sondern auch aus Uruguay (Luis Suarez, Edinson Cavani), Chile ( Sanchez, Vidal) oder aus Kolumbien (Falcao, Rodriguez).

Argentinien bleibt Favorit

Trotzdem gelten Argentinien und Brasilien als Favoriten, auch wenn die Öffentlichkeit in beiden Ländern nach wie vor noch mit den Ereignissen der vergangenen 15 Monate beschäftigt ist. Die Argentinier haben die Hoffnung fast schon aufgegeben, dass Lionel Messi ihnen einen großen internationalen Titel bescheren wird. Tief sitzt der Frust über die verlorenen Finals gegen Deutschland bei der WM (0:1 n.V,) und Chile bei der Copa America (1:4 n.E.), Messis Leistungen in der "Albiceleste" sind nach wie vor nicht die, die er beim FC Barcelona Woche für Woche zeigt.

Über die Gründe spekuliert Argentinien seit Jahren: Falsche Taktik, fehlende Akzeptanz der Mitspieler, unerklärliche Hemmungen bei Messi, wenn er sich das himmelblaue Trikot überstreift? Fakt ist: Argentinien verfügt über einen der weltbesten Kader, vor allem in der Offensive vielleicht sogar über das größte Potenzial weltweit. Mit Gerardo Martino haben diese Spieler einen international erfahrenen Trainer, die Niederlage im Copa-América-Finale war unglücklich.

Bedröppelte Fans

Die argentinischen Fans sind enttäuscht.

Brasilien zwischen Routine und Talentsuche

Die Brasilianer bekamen dagegen nicht nur beim 1:7 im WM-Halbfinale gegen Deutschland, sondern auch beim Copa-America-Aus im Vierteflinale gegen Paraguay schmerzlich vor Auge geführt, dass ihnen mittlerweile auch überragende Einzelspieler auf einigen Positionen - besonders in der Schaltzentrale im Mittelfeld - fehlen. Die Augen richten sich aber nicht nur deshalb auch auf den Kracher zwischen Chile und Brasilien. Der in der Heimat vielkritisierte Nationalcoach Dunga hat für die "Seleção" den mittlerweile 33 Jahre alten Kaká nominiert, um den Ausfall von Neymar zu kompensieren.

Nun aber den Schluss zu ziehen, dass den Sambafußballern deshalb die Talente komplett ausgehen, dürfte auch Bayerns neuer Star Douglas Costa wiederlegen: Im Juni verschoss er noch als international eher unbekannter Spieler von Schachtjar Donezk den entscheidenden Elfmeter im Copa-America-Viertelfinale gegen Paraguay, nach seinen Leistungen bei Bayern München zu Saisonbeginn wird er als kommender Weltstar gehandelt. "Ich versuche, nicht daran zu denken, dass ich Neymar ersetzen werde, sondern daran, dass ich meine Arbeit machen muss", so Costa zu seiner neuen Rolle.

Erster Spieltag ohne Superstars

Neben dem Kracher in Santiago spielt am Donnerstag (08.10.2015) Argentinien gegen Ecuador, Bolivien trifft auf Uruguay, Venezuela auf Paraguay und Kolumbien empfängt Peru.

Der erste Spieltag wird jedoch nur ein schwacher Fingerzeig sein, denn die Superstars müssen unfreiwillig aussetzen: Argentinien fehlt Lionel Messi (Außenbandriss linkes Knie), James Rodriguez, Torschützenkönig der letzten WM, musste Kolumbien wegen einer Muskelverletzung absagen, Uruguay tritt ohne seinen Traumsturm Luis Suarez (Beißattacke bei der WM) und Edinson Cavani (Backpfeife bei der Copa America) an, Brasilien fehlt Neymar (Rot nach einer Tätlichkeit bei Copa América).

Qualifikation schwieriger als in Europa?

Sind Argentinien, Brasilien, Chile, Kolumbien und Uruguay die logischen Vertreter des Subkontinents in Russland? Auf keinem anderen Kontinent ist der Weg bis zur WM-Teilnahme steiniger, nirgendwo sind so viele Duelle zu absolvieren wie in Südamerika, die zehn Teams spielen in einer Gruppe mit Hin- und Rückrunde gegeneinander. Zudem ist Vorsicht geboten, gerade in der Höhe der Andenländern sind Heimmannschaften und eigentliche Außenseiter, wie Bolivien und Ecuador, aufgrund der dünnen Luft im Vorteil. Letztere landeten bei der vergangenen WM-Quali überraschend auch vor Uruguay, qualifizierten sich direkt, schieden dort aber als einziges südamerikanisches Team in der Vorrunde aus.


Stand: 08.10.2015, 12:00

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