«Wakaloda» - Mengeles Flucht in Argentinien
28.04.2014, 14:16Uhr
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Wenn ein Buch zum Film wird, liegt der Vergleich nahe. Wenn aber die Autorin des Buches auch die Filmerin ist, stellt sich die Frage neu. Entwickelt sie als Filmerin die Sprachbilder des Romans zu einer eigenen filmischen Sprache? «Wakaloda» war als Buch ein Bestseller. Der Film kann zumindest verraten, warum.
Es erstaunt nicht, dass die Schriftstellerin Lucìa Puenzo wie auch die Filmerin Lucìa Puenzo nur eine kleine Pension irgendwo im abgelegenen Herzen von Patagonien braucht, um in ihrem Film das Echo der Nazi-Greuel in Bilder zu fassen. Eigentlich zeigt sie uns die Greuel nur in Metaphern: Es beginnt mit einem unbedeutenden familiären Ereignis, als die Filmerin die Geschichte erzählt:
Ein Arzt findet vor einer Autotraverse Anschluss bei einer Familie, findet Interesse bei deren Tochter, mietet sich in deren Pension ein und hilft dem Kind beim Wachsen: Mit Präparaten, deren Wirkung er seit langem kennen will. Auch als er der schwangeren Familienmutter mit Rat beisteht, schöpft niemand Verdacht: Die deutschen Nachbarn versorgen den Deutschen auch mit medizinischer Gerätschaft.
Eine Menge Geschichte im Hintergrundrauschen
Misstrauisch vom Vater beäugt, wird aus der Bekanntschaft des Arztes mit der Tochter eine Freundschaft. Der deutsche Arzt hilft dem Vater das Lieblingsspielzeug, das er für seine Tochter gebaut hat, zu vervollkommnen und bringt es in Serienproduktion: Eine Puppe, die die Augen bewegen kann und deren Herz von einem Motor getrieben wird.
Spätestens jetzt überholt die Filmerin Puenzo die Autorin Puenzo: Aus dem simplen seriellen Herstellungsvorgang der Puppen schöpft sie das Bildarsenal der Massenvernichtung. Nur werden hier die Puppen zur Vollendung gebracht. Ihnen werden die Haare aufgesetzt. Sie werden in Massen aus dem Giftbad gezogen. Ihre Köpfe werden in Öfen gebrannt.
Parallel dazu wird die Freundschaft mit der Tochter zu einem Geheimbund: Vor der gewaltig schönen Drohkulisse der argentinischen Berge braut sich das Unheil zusammen. Eine Fotografin ist dem Massenmörder auf der Spur: Der Arzt ist nämlich der geflüchtete Josef Mengele, jener Arzt, der mit seinen Pseudoforschungen Tausende von Menschen qualvoll verenden liess.
Im Echohall der Geschichte
Als historische Allegorie ist der Film hinter dem Film grossartig bebildert und die Geschichte klug erzählt. Den Spannungsbogen zu heute schafft « Wakaloda » allerdings kaum. Er versucht fast alles, was ein Thriller braucht. Dennoch mag das von Anfang an herrschende Misstrauen der Familie sich kaum mehr weiter zu entwickeln.
Wer nicht weiss, wofür Mengele steht – eine medizinische Forschung, die erbarmungslos Menschen als lebendige Versuchskaninchen nutzte - wird nie ganz den Echohall der Geschichte hören, vor dem die Handlung im argentinischen Idyll sich abspielt. Da muss man sich damit begnügen, dass Lucìa Puenzo ein halbwegs spannender Thriller geglückt ist.
Der Film läuft in dieser Woche in den Kult-Kinos an