Vom argentinischen Fernández nach Niederstotzingen

Anke Soria lebt seit sechs Jahren im argentinischen Fernndez. In ihrem Kinderhort nimmt sie junge Deutsche auf, die einen Freiwilligendienst ableisten mchten. Aus Fernndez weilt derzeit auch ein Freiwilliger im Kreis Heidenheim: German Ledesma hilft im Kindergarten des Familienzentrums St. Anna in Niederstotzingen aus.

Anke Soria und German Ledesma leben beide im argentinischen Fernndez. Soziales Engagement fhrte sie jetzt im Landkreis Heidenheim zusammen. Bei einem argentinischen Abend in Niederstotzingen wurde unter anderem mit Texttafeln ber Leben und Arbeit in Fernndez informiert.

Foto: Sabrina Balzer

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Anke Soria und German Ledesma leben beide im argentinischen Fernndez. Soziales Engagement fhrte sie jetzt im Landkreis Heidenheim zusammen. Bei einem argentinischen Abend in Niederstotzingen wurde unter anderem mit Texttafeln ber Leben und Arbeit in Fernndez informiert. 

Fr Anke Soria aus Herbrechtingen begann das Abenteuer Argentinien 2002 mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) in der Partnergemeinde Fernndez. 2003 kam sie nicht allein zurck in die Heimat: Sie hatte ihren jetzigen Ehemann Jos im Schlepptau. An der Dualen Hochschule Heidenheim studierte sie Sozialmanagement und bekam drei Kinder. Dann wagte die Familie den nchsten Schritt und wanderte in Joss Heimatort Fernndez aus. „Wir wollten uns auch in Argentinien als Familie ausprobieren“, so Soria.

Am 1. September dieses Jahres wurden es dann sechs Jahre. Doch das Leben in Sdamerika war fr die Sorias nicht immer leicht. Landwirtschaft, ein an einen Tante-Emma-Laden erinnernder Kiosk und das neueste Projekt – „Karilu-Tours“, Personentransport im eigenen Kleinbus – waren ihre beruflichen Etappen. Mit dem Bus werden nun Sonderfahrten fr Touristen gemacht, hauptschlich aber Kinder zur Schule und von dort wieder nach Hause transportiert. „Fr dieses Projekt suchen wir momentan Paten, denn wir mchten den Abhol-Service auch fr Kinder aus den rmeren Vierteln anbieten“, erklrt Soria. Joachim Klle aus Mergelstetten habe zur Untersttzung des Projekts sogar einen Verein gegrndet, der in den kommenden Wochen bekannt gemacht werden soll. „Auerdem haben wir vor einem Jahr ein Restaurant erffnet“, erzhlt Soria weiter. Dort werde berwiegend argentinisch, aber manchmal auch deutsch gekocht.

Anke Sorias gesamtes Herzblut steckt allerdings im Kinderhort „Los Patitos“ (die Enten), den sie gegrndet hat und mit dem sie sich von anderen Einrichtungen absetzen mchte: „Ich betreue nicht nur, sondern frdere auch Kinder mit Sprech- oder Hrbehinderung. Einen Autisten habe ich auch in meiner Gruppe.“ Insgesamt 21 Kinder stehen in ihrer Obhut. Besonders wichtig sei es zudem, den Eltern Erziehungstipps zu geben, denn in Argentinien sei die „Laissez faire“-Methode weit verbreitet und viele Kinder deshalb schlecht erzogen.

Derzeit beschftige sie eine Erzieherin, eine feste Kraft, sich selbst und eine junge Frau, die seit August ihr FSJ macht: Melanie Tempfli aus Heidenheim. Aus Respekt gegenber ihren argentinischen Kolleginnen werde auch mit Deutschen im Hort ausschlielich Spanisch gesprochen.

In der neuen Heimat glten andere gesellschaftliche Regeln. Es gebe auerdem Orte, wo Frauen nicht erwnscht seien. Generell sei das Leben aber viel entspannter. Dennoch komme sie gerne zurck nach Deutschland, um wie jetzt die Familie zu besuchen und auf ihre Projekte aufmerksam zu machen. „Was ich in Argentinien am meisten vermisse ist das deutsche Brot. So ein richtiges Krnerbrot gibt es nicht“, erzhlt sie schmunzelnd.

Dem stimmt auch German Ledesma zu. Fr ihn ist das knackige deutsche Brot eines seiner Lieblingsnahrungsmittel geworden. Der 21-Jhrige stammt aus Fernndez und ist momentan das Gegenstck zur Heidenheimer Melanie Tempfli, die bei Anke Soria im Kinderhort arbeitet. Im Rahmen der Gemeindepartnerschaft sowie der Seelsorgeeinheit Herbrechtingen und Niederstotzingen hilft German (eher „Hermann“ gesprochen) im Kindergarten des Familienzentrums St. Anna in Niederstotzingen aus. „Am 21. September bin ich in Tbingen angekommen und habe erstmal zwei Wochen Deutsch gelernt“, erklrt der Argentinier. Seit 5. Oktober sei er nun bei Diakon Michael Junge in Bolheim untergebracht und bekomme dreimal die Woche Deutsch-Nachhilfe.

Auf die Frage, warum er nach Deutschland gekommen sei, sagt German ganz pragmatisch: „Ich kenne ein paar der Deutschen, die in Fernndez waren und ich wollte auch mal eine neue Kultur und ein neues Land kennenlernen.“ Seine Arbeit mache ihm groen Spa. Er sei sozusagen „Mdchen fr alles“, spiele, male und bastle mit den Kindern. Auerdem versuche er, viel mit den Kindern zu reden: „Sie bringen mir Deutsch bei und ich ihnen ein bisschen Spanisch.“

Er habe nun auch schon ein paar Freunde gefunden, mit denen er viel unternehme. Zudem mache er viele Ausflge mit Familie Junge. Am besten gefalle ihm die Landschaft und das Essen hier in Deutschland, das vllig anders sei als das argentinische. Neben Brot gehren Fleisch, Fisch und Kartoffelsalat zu seinen Favoriten. „In Deutschland ist alles viel organisierter“, sagt er und spielt dabei vor allem auf seine festen Arbeitszeiten (8.30 bis 14 Uhr) und die Mlltrennung an.

In Fernndez habe er die Mittlere Reife erreicht und danach viel auf dem Land gearbeitet sowie in einer Waschstrae. Da das 21000-Einwohner-Stdtchen nahe der Provinzstadt Santiago del Estero keinen guten Bildungsstandard bietet, knnen sich nur Reiche ein Studium leisten. Trotzdem hat sich German fest vorgenommen, nach seiner Rckkehr im August 2016 zu studieren. „Ich mchte entweder Tierarzt oder Sanitter werden“, schildert er.

Bis zu seiner Abreise hat German noch einiges geplant: „Ich mchte viel reisen, zum Beispiel nach Italien, genauer gesagt nach Rom.“ Auerdem stehe noch ein Gastfamilien-Wechsel im Februar an. „Ich freue mich auch sehr auf den argentinischen Abend am Samstag“, sagte er im Vorfeld. Bei der Veranstaltung im Gemeindehaus St. Franziskus in Niederstotzingen zeigten er und Soria Bilder aus Fernndez und dem Nordwesten Argentiniens und fhrten Folkloretnze auf. Gemeinsam mit der ehemaligen Freiwilligen Christine Mack aus Stetten wurden die Niederstotzinger auerdem ber die Situation in Fernndez aufgeklrt und ber die vielen sozialen Projekte informiert.

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