Verruchte Musik im Alten Rathaus

Das Duo "Intimos" aus Argentinien hat gemeinsam mit dem Gitarristen Mateo Martinez-Zuvira beim "Kammerton 51"-Konzert der Kreismusikschule Oberlahn eine eindrucksvolle Kostprobe dieser Musik gegeben.

Der Raum "Nassau" im Alten Rathaus war proppenvoll, als Gabriel Merlino zunächst allein am Bandoneon ein Feuerwerk von Melodien Astor Piazollas abfackelte. Völlig konzentriert spielte der junge Musiker sein Instrument, zog den Balg weit auseinander, um ihn dann wieder zusammenzuschieben. Die Melodien waren sehr unterschiedlich, laute, lange Töne wechselten sich mit leisen, filigranen Mustern ab. "Das Bandoneon wurde 1840 in Deutschland erfunden und fand dann seinen Weg nach Argentinien", erzählte Merlino, der als einer der begnadetsten jungen Bandoneonisten der Welt gilt. Er ist Solist und musikalischer Leiter der bekannten Show "Tango Pasión".

Die nächsten beiden Stücke spielte Merlino gemeinsam mit dem ebenfalls aus Argentinien stammenden Gitarristen Mateo Martinez-Zuvira, der an der Kreismusikschule Gitarrenunterricht erteilt. Die Sängerin Vanina Tagini brachte dann Erotik pur auf die Bühne. Mit ausdrucksstarker Stimme sang sie über die Fußangeln der Liebe und wie man sich darin verfängt.

Musiker zeigen ihre gefühlvolle Seite

Sie trug ein Minikleid und Netzstrümpfe, unterstrich ihren Gesang mit starken Gesten, schwenkte lasziv ein Bein oder die Hüfte und erzählte dem aufmerksamen Publikum die Geschichten aus den Hafenbordellen. So lautet etwa eine Textzeile: "Tango, erzähl’ mir eine Geschichte, flüst’re mir süße Lügen ins Ohr über eine liebenswerte, eine schönere Traumwelt. Öffne mir eine Tür, durch die meine fiebernde Seele dem gewaltigen Schmerz entfliehen kann".

Außer kreolischen und europäischen Einflüssen spielen im Tango auch afrikanische Prägungen eine Rolle, so in dem Stück "Gold und Silber". In einem "Zamba" zeigten dann Vanina Tagini und Mateo Martinez-Zuvira im Duo ihre gefühlvolle Seite. Die Musik war voller Melancholie und einfach betörend. Tagini sang leidvoll und unsagbar ergreifend. Sie schien tatsächlich zu leiden. Wieder zu Dritt musizierten sie ein fröhliches Stück, gespickt mit unzähligen "Corazons". Merlino ging auch körperlich voll mit. Er schaukelte auf seinem Stuhl hin und her, sein ganzer Körper war im Einsatz. Er klopfte mit dem Fuß den Takt mit, was sich auf dem Parkettboden wie Stepptanz anhörte. Leider folgte niemand der Aufforderung von Schulleiter Martin Krähe, zur Musik einen Tango zu tanzen. Nach begeistertem Applaus stellte Krähe in Aussicht, dass die Musiker auch im nächsten Jahr wieder bei "Kammerton" spielen könnten. (am)

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