BILDVORTRAG Schottener Klaus und Anke Kessler schildern in „Elkes Buchladen“ Erlebnisse einer ungewöhnlichen Reise
SCHOTTEN - (em). Mit dem Rucksack 14 000 Kilometer durch Argentinien und Chile – von diesem ungewöhnlichen Vorhaben berichteten die Schottener Klaus und Anke Kessler in „Elkes Buchladen“. Von einer Reise auf die Südhalbkugel träumte Klaus Kessler schon lange und als er in den Vorruhestand kam, gab es kein Halten mehr. Seine Frau brauchte er nicht lange zu überreden. Sie ist Fan der Reisejournalistin Meike Winnemuth, die nach einem 500 000-Euro-Gewinn bei Günter Jauch im zwölf Monaten um die Welt reiste und ihre Erlebnisse veröffentlichte („Das große Los“).
„Das können wir genauso – auch ohne halbe Million“ meinten die Kesslers und machten sich auf den Weg nach Südamerika, wo sie vom 1. Oktober 2012 bis 16. März 2013 blieben: „Ohne Handy, ohne Laptop – ganz auf uns selbst gestellt.“ Sie seien ein wenig blauäugig losgezogen, meinen sie heute, aber ein Grundsatz habe sich bewährt: „Keine geschönten Touristen-Trips, keine überall gleichen Clubs, sondern mit öffentlichen Verkehrsmitteln reisen, Land und Leute auf Augenhöhe kennenlernen.“
So frisch und lebendig wie der Anfang war der gesamte Reisebericht und die Zuhörer folgten mit wachsender Faszination. Die Bilder der Kesslers, auf einer Lumix-Kompaktkamera mit Leica-Objektiv aufgenommen, sind keine auf Effekt bearbeiteten Kunstprodukte, sondern Schnappschüsse, die das Alltagsleben widergeben. So, wie bei einem Stadtbummel durch Buenos Aires: das legendäre Café Tortoni („Mit dem besten Eis, den besten Nudeln des Kontinents.“), Schuhputzer, Parkplatzeinweiser und Kaffeeverkäufer in ihrem wirtschaftlichen Überlebenskampf, ein Tangolokal mit dem Schild „La vida es hay. Das Leben ist heute“, das Feiern in den Straßen am Colombus-Tag.
Dann ging die Reise nach Süden, die Kesslers lernten auch Argentinier indigener Abstammung kennen, immer noch „Bürger zweiter Klasse“ in ihrem Land.
Das Vogelsberger Paar durchquerte in einem Reisebus die chilenische Atacama-Wüste, auf einer Länge von 1 200 Kilometern, eine der trockensten Landschaften der Erde, voll öder Salz- und Sandflächen – und doch gelegentlich von Geysiren belebt und nachts von einem atemberaubend schönen Sternenhimmel überspannt. Die Staatsgrenze zwischen Chile und Argentinien sei im Verlauf zum Teil unklar, das Verhältnis zwischen beiden Ländern gespannt. So seien die Grenzkontrollen sehr streng, die Handelsbeziehungen eingeschränkt.
Das Wohnen in Hostels hatte für die Kesslers den Vorteil, sich selbst kochen zu können. Garküchen, Schnellrestaurants gebe es praktisch keine, als „Fingerfood am Straßenrand“ bekomme man höchstens Empanadas, gebackene, mit Rind, Huhn, Thunfisch oder Gemüse gefüllte leckere Fleischtaschen.
Die Kesslers folgten der chilenischen Westküste bis auf die Halbinsel Chiloe. Klaus Kessler: „Fast nur Pferde als Transportmittel, Fischzucht als einzige Einnahmequelle - das Leben war um 30 Jahre zurück.“ Weiter ging es mit dem Schiff nach Puerto Natales, dem Eingangstor zum Nationalpark Torres del Paine. Die Gipfel, Gebirgswälder und klare Seen dieses Andenteils seien ein Paradies für Natur- und Trekking-Fans.
Wieder mit dem Bus erreichten die Kesslers das argentinische Ushaia, das als südlichste Stadt der Welt gilt. Auf der unbewohnten Insel Peninsula Valdez, nur mit Führer zu besuchen, verbrachten das Paar einen unvergesslichen Tag zwischen Pinguinen und Robben.
Der Abschied fiel schwer: „Wir waren so gut eingewöhnt, am liebsten wären wir für immer in Südamerika geblieben...“ Ganz ohne Jetlag – die Kesslers kamen wohlbehalten, ohne gesundheitliche Umstellungsschwierigkeiten wieder im Vogelsberg an. Aber für Anke Kessler, wie auch früher ihr Mann in einem Verwaltungsberuf tätig, begann die Arbeit wieder und auch der Ruheständler stellte fest: „Das deutsche Tempo – daran muss man sich erst gewöhnen.“