Ruandas Präsident Paul Kagame twitterte nach der Wahl: „Wir danken allen Mitgliedstaaten, die für uns gestimmt haben, vor allem den anderen afrikanischen Staaten.“ Kagame hatte allen Grund, sich zu bedanken. Denn kurz vor der Wahl berichtete die Nachrichtenagentur Reuters über einen UN-Expertenbericht, der Ende November veröffentlicht werden soll, der Ruanda direkt für den jüngsten bewaffneten Konflikt im Osten der benachbarten Demokratischen Republik Kongo verantwortlich macht. Schon im Juni war ein Zwischenbericht der Experten vorgelegt worden, aufgrund dessen die USA, Deutschland und schließlich die Europäische Union Teile ihrer Entwicklungshilfe für Ruanda auf Eis legten. Großbritannien hat einen Teil der Budgethilfemittel inzwischen wieder entsperrt. Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), der ohnehin ein Gegner der Budgethilfe ist, kam der Bericht jedoch gerade recht, um einem weiteren Land die Budgethilfe zu streichen.
Seit April wird im Ost-Kongo wieder gekämpft. Eine ehemalige Rebellengruppe sollte im Frühjahr in die kongolesische Armee integriert werden. Darunter auch der seit nunmehr bald einem Jahrzehnt wegen Kriegsverbrechen in der ostkongolesischen Provinz Ituri gesuchte Bosko Ntaganda. Die Rebellen waren aber unzufrieden und desertierten reihenweise. Zudem hatte die kongolesische Regierung im fernen Kinshasa beschlossen, Ntaganda nun doch zu verhaften und an den Internationalen Strafgerichtshof auszuliefern. Daraufhin begann die Rebellion der M23, so nennt sich die Miliz. In dem UN-Bericht heißt es, Ntaganda und Sultani Makenga, der die M23 mit anderen Milizen koordiniert, bekämen „direkte militärische Befehle vom ruandischen Verteidigungsministerium“, und zwar vom Chef der Truppe, General Charles Kayonga, der wiederum auf Anweisung des Verteidigungsministers General James Kabarebe handele. Kabarebe hatte schon im August die Vorwürfe zurückgewiesen. Außenministerin Louise Mushikiwabo sagte Reuters nun: Es wäre „der größte Fehler“, wenn irgendein Geberland seine Hilfe für Ruanda nun zurückzöge. Denn: „Ruanda verdient Hilfe.“
Der UN-Report wirft auch dem Nachbarland Uganda indirekte Hilfe für die M23 vor, deren politische Vertreter von der Hauptstadt Kampala aus ungehindert agieren könnten. Uganda hatte vor wenigen Tagen nach Kampala eingeladen, um „Friedensgespräche“ zwischen Rebellen und kongolesischer Regierung zu vermitteln, die aber nicht zustande kamen. Ugandas Militärsprecher sagte dem britischen „Guardian“: „Wo sind die Beweise? Diese Anschuldigungen sind Müll.“
Der Thinktank International Crisis Group hat in einem aktuellen Bericht über die neue Krise in der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu aber auf die nunmehr jahrzehntelange Unterstützung verschiedener Milizen durch Ruanda hingewiesen. Außerdem wird Ruanda seit Jahren verdächtigt, illegal Bodenschätze aus dem Ostkongo zu fördern und zu handeln. Im UN-Sicherheitsrat hat Ruanda nun zwei Jahre lang mehr Kontrolle darüber, ob und wie die Vereinten Nationen in die Krise im Ostkongo eingreifen. Ob Deutschland Ruanda seine Stimme gegeben hat, will das Auswärtige Amt übrigens nicht sagen. Denn die Abstimmungen im UN-Sicherheitsrat sind geheim. Dagmar Dehmer