Über den Wolken : Arndt Hovestadt will bei der WM in Argentinien erneut …

Faszinierend. Kurz und knapp fasst Arndt Hovestadt den Grund für seine sportliche Leidenschaft zusammen. Faszinierend. Der 43 Jahre alte Münsteraner ist ein alter Hase. Seit 1985 ist er Segelflieger. Er hat inzwischen gut 2200 Flugstunden absolviert. Bis Mitte Januar wird er mindestens weitere 200 Stunden in der Luft verbracht haben.

Seit ein paar Tagen ist der Segelflieger in Chavez in Argentinien. Er will dort seinen Titel als Weltmeister verteidigen – mit dem schwächsten Flugzeug im Feld.

Seine „Libelle“ ist 1968 gebaut worden. Ihr Innenleben ist technisch hochaktuell. „Bei optimalen Wetterbedingungen bin ich quasi nicht einholbar“.

Die Wetterbedingungen in der argentinischen Pampa gut eine Tagesreise von der Hauptstadt Buenos Aires entfernt kann Hovestadt nicht beeinflussen. Die Vor­aussetzungen für den Erfolg beginnen am Boden: „Die Stimmung im Team ist total wichtig“.

Dafür sorgen seine Lebensgefährtin Katharina Laup, ebenfalls Segelfliegerin, Bundestrainer Uli Gmelin und Coach Holger Back, „ein Urgestein in der Segelflugszene“. Der Sport funktioniert anders: Gmelin ist Ansprechpartner bei den Wettbewerben vor Ort. Er informiert die Teammitglieder über den Ablauf einer Meisterschaft und die gestellten Aufgaben. Der Coach bespricht dann mit dem Piloten und dem Meteorologen mögliche taktische Manöver. „Zum Beispiel spielt die topographische Situation eine Rolle oder besondere Windeigenschaften“, erläutert Arndt Hovestadt. „Wenn wir 100 Kilometer geradeaus fliegen sollen, bedeutet das nicht, dass wir 100 Kilometer geradeaus fliegen“.

Ist eine bergige Strecke zu überfliegen, könnte sich an jedem Gipfel oder in jedem Tal die Windrichtung ändern.“ Das könne auch negative Auswirkungen auf die Geschwindigkeit haben. „Die Basis des Fliegens ist die Thermik. Die wiederum entsteht etwa durch eine Wechselwirkung von Sonneneinstrahlung und Bodenbeschaffenheit.“

Die Aufgabe des Meteorologen ist es, präzise vorherzusagen, wann sich welche Luftmassen wie bewegen.

„In Chaves erwarten wir ein knackiges Wetter“. In der Segelfliegersprache bedeutet das, der Wind vom Meer kommt aus einer konstanten Richtung, die Wolken sind gut 1200 oder 1300 Meter hoch und das zu überfliegende Gebiet ist flach“. Konsequenz für den Wettbewerb: „Wir werden schneller fliegen.“

Arndt Hovestadt fliegt in Argentinien mit seiner eigenen Maschine. Diese wurde per Schiff nach Südamerika transportiert. Eine Spedition hat das Equipment fachgerecht auf den Weg gebracht. Drei Monate Vorlaufzeit waren notwendig.

In der Clubklasse – die Maschinen sind älter als zehn Jahre – starten insgesamt 45 Teilnehmer. Einige von ihnen müssen sich vor Ort Flugzeuge chartern. Das offizielle Training für die Weltmeisterschaften begann am 28. Dezember. Die Wettkampftage dauern vom 6. bis 19. Januar.

„Mit dem Segelfliegen kann man ein kleines Vermögen machen“, beschreibt Hovestadt die „Unterstützung“. „Voraussetzung: Du musst vorher ein großes gehabt haben“.

Der selbstständige Designer wird gut vier Wochen in Argentinien sein. „Geschäftlich eine Zeit, die gerade vertretbar ist“. Einen Großteil der Kosten trägt er selbst. Der Aero-Club NRW beteiligt sich mit gut einem Drittel. Daneben sind verschiedene Sachleistungen als Unterstützung denkbar.

In der Vorbereitung auf die WM hat Hovestadt fünf oder sechs Mal in der Woche intensiv Sport getrieben. Der Schwerpunkt: Ein Training für die Rücken- und Nackenmuskulatur. „Ein Wettflug dauert schnell fünf oder sechs Stunden. Dabei muss man ständig die anderen Teilnehmer beobachten. Das ist körperlich sehr anstrengend.“

Für einen Wettflug werden alle Starter in die Luft geschleppt. Auf den Navigationsgeräten erscheint dann eine virtuelle Startlinie. Wer diese überfliegt, für den läuft die Zeit. „Dabei gibt es immer ein großes taktisches Geplänkel, wann der beste Zeitpunkt gekommen ist. Einige orientieren sich an den Favoriten und gehen mit. Andere treffen eigene Entscheidungen.“

Der neue (alte?) Weltmeister erhält eine Urkunde, eine Medaille und einen Pokal, „den man kaum heben kann“. Vermarkten lasse sich so ein Titel „eigentlich kaum.“

Dabei hat Deutschland den größten Segelfliegeranteil pro Kopf in der Welt. Arndt Hovestadt hat sich gegen gut 300 Konkurrenten durchgesetzt. Seinen Titel hat er 2010 in der Slowakei gewonnen. 2014 soll die nächste WM in Polen stattfinden. Dann wäre er wieder dabei – um seinen Titel erneut zu verteidigen?

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