Plötzlich war es vorbei, geplatzt der Traum vom ersehnten Titel. Lionel Messi, der Mann der Rekorde, der mit Barcelona Trophäe um Trophäe hamstert, stand da mit leerem Blick, nachdem Alexis Sánchez den letzten Penalty für Chile versenkt und dem Gastgeber den ersten grossen Triumph überhaupt geschenkt hatte. Trauer und monumentale Enttäuschung ergriffen Argentiniens Captain. Schon wieder. Schon wieder jubelten andere vor seinen Augen, während Messi am Pokal vorbeitrottete, um den Hals eine silberne Medaille als Zeugnis der Niederlage.
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Chile gewinnt die Copa AméricaLionel Messi strebt den ersten grossen Titel an
Er war nach Chile gekommen, um seinen Status als Unvollendeter abzulegen. Um die «Albiceleste» endlich zu einem bedeutenden Titel auf höchster Ebene zu führen. «Ich würde alles dafür tun, um die Copa América zu gewinnen», hatte Messi vor dem Turnier gesagt. Noch immer wird er in der Heimat eher bewundert als geliebt, eine Vergötterung wie Diego Maradona wird er wohl nie erfahren.
Drei wichtige Finals, drei Niederlagen
Erst ein Jahr ist es her, als Messi die grösste Enttäuschung seiner Karriere erlebte, im Maracanã zu Rio, als ihm die Deutschen die WM-Krone raubten. Die Bilder der trauernden Ikone gingen um die Welt. Am Samstagabend in Santiago wiederholte sich die Geschichte. Messi schaffte es gegen die bissigen, zuweilen ruppigen Chilenen (Video unten) nicht, seinem Team einen entscheidenden Impuls zu geben. Dass er im Penaltyschiessen als erster argentinischer Schütze sicher traf, wird die Kritiker nicht besänftigen.
Gary Medel trifft Messi in der Magengegend. (Video: Youtube)
Dem 28-Jährigen gelang im gesamten Turnier nur ein Tor vom Elfmeterpunkt, dafür glänzte er im Halbfinal beim 6:1 gegen Paraguay, als er an fünf Treffern beteiligt war. Nach dem verlorenen Final ist das nur noch Makulatur. Über allem steht seine persönliche Bilanz an bedeutenden Turnieren, und die weist keine Triumphe aus. Stattdessen beendete Messi drei wichtige Endspiele als Verlierer: 2007 (gegen Brasilien) und 2015 an der Copa América sowie im Vorjahr an der WM in Brasilien. Zusammen mit seinen Kollegen der goldenen Generation, die 2005 WM-Gold mit der U20 gewann, droht er auf Stufe A-Nationalmannschaft titellos in die Fussballhistorie einzugehen, als eine Art tragischer Held.
Geschubst, beleidigt, angespuckt
Als wären das der Qualen nicht genug, wurde in Santiago auch noch Messis Familie auf den Stadionrängen angegangen. Kurz vor der Halbzeitpause, nach einem Foul von Marcelo Díaz an der Nummer 10, sollen deren Verwandte lautstark protestiert haben, schreibt die spanische «Marca». Das veranlasste einige chilenische Hitzköpfe dazu, zur Attacke zu blasen. Messis Bruder Rodrigo soll einen Faustschlag in den Nacken kassiert haben und von einem Wurfgeschoss getroffen worden sein. Messis Eltern, sein anderer Bruder Matías und zwei Neffen sollen übelst beleidigt, geschubst und gar angespuckt worden sein.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Lionel Messi hat gute Gründe, diesen bitteren Samstagabend schnell hinter sich zu lassen. Immerhin: Die nächste Chance folgt schon bald. Normalerweise findet die südamerikanische Kontinentalmeisterschaft nur noch alle vier Jahre statt. Anlässlich des 100-jährigen Bestehens des südamerikanischen Fussballverbands gibt es im Juni 2016 aber eine Sonderausgabe, die Copa América Centenario in den USA, an der auch sechs Nationen der Nord- und Zentralamerikanischen und karibischen Fussballkonföderation teilnehmen werden. Einer wird an diesem Turnier besonders motiviert sein.
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