Tennis Die nächste Dimension – FAZ

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Derzeit die Nummer vier: Rafael Nadal holte bei den French Open den Titel

Sie sind nicht zu übersehen, die riesigen, fast haushohen Poster, die im Foyer der O2 Arena von der Decke hängen; Novak Djokovic und Andy Murray links, Roger Federer und David Ferrer rechts. Im ersten Moment springt einen beim Blick nach oben die Dynamik des Quartetts an, im nächsten bleibt man stehen und stutzt. Ferrer? Ja, Ferrer. Der trotz imponierender Leistungen und Auftritte nie auf die Idee käme, sich mit den vier Besten des Tennis auf eine Ebene zu stellen. Fragt man ihn, ob er nicht finde, zu sehr im Schatten der anderen zu stehen, dann verneint er und versichert, alles sei in Ordnung. „Rafa und Roger, Murray oder Djokovic, die sind wichtiger, weil sie alles gewonnen haben.“

Ja, und zwar so viel, dass ein weiteres Poster angemessen wäre, um all deren Errungenschaften zu würdigen. Seit Juni 2005 gewannen die fabelhaften vier des Tennis 30 von 31 Grand-Slam-Titeln; Juan Martin Del Potro aus Argentinien war der Einzige, der diese Serie mit seinem Sieg bei den US Open 2009 unterbrach. Bis vor ein paar Monaten ging die bemerkenswerte Bilanz auf das Konto von Federer, Nadal und Djokovic, doch seit Andy Murrays Sieg bei den US Open ist das Quartett komplett. Auf paritätische Art mit je einem der großen Titel für jeden der vier in diesem Jahr.

Schwärmen von einer goldenen Ära

Und mit vielen traumhaft schönen Bildern fürs Album der großen Momente: Djokovic, der in Melbourne nach fast sechs Stunden voller unfassbarer Ballwechsel gegen Nadal gewinnt. Beiden Gladiatoren werden am Ende Stühle gebracht, damit sie die Wartezeit auf die Siegerehrung am Netz überstehen. Nadal, wie er nach seinem siebten Triumph in Paris seinem Trainer-Onkel Toni wie ein kleiner Junge in die Arme springt und den armen Mann fast zu Boden reißt; Federers Zwillingstöchter Charlene und Myla in ihren geblümten Kleidchen auf der Balustrade in Wimbledon, während Daddy zum siebten Mal den goldglänzenden Pokal in den Händen hält. Murray, vom Volk gefeiert, als Olympiasieger im All England Club unterm Union Jack. Und noch mal Murray, der mit seinem Sieg in New York die letzten Geister und Zweifel vertreibt, sich zum sichtlich aufgeräumten Coach Ivan Lendl umdreht und übers Mikrofon frotzelt: „Das war ja fast ein Lächeln.“ Ein großes Tennisjahr, ohne Frage, dem jetzt nur noch zwei Akzente fehlen: Montag beim Endspiel des ATP-Finales in London und Ende der Woche beim Davis Cup in Prag mit der Begegnung Tschechien gegen Spanien.

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Die Nummer eins: Novak Djokovic siegte bei den Australian Open

Es mag Leute geben, die es langweilig finden, wenn im Sport immer dieselben gewinnen, aber die meisten Tennisfreunde schwärmen von einer goldenen Ära, vor allem die Stars früherer Tage. „Diese Generation ist einfach unglaublich“, sagte Pete Sampras im Herbst in einem Gespräch mit der amerikanischen Zeitung „USA Today“. „Wir werden bald drei Spieler mit Grand-Slam-Titel in zweistelligen Dimensionen haben.“ Nadal und Federer gewannen im Laufe ihrer Karriere in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York - wenn auch nicht innerhalb eines Jahres -, Djokovic fehlte dazu 2011 nur der Sieg im French-Open-Finale. „Ich war damals erst der fünfte Spieler, der alle vier gewann“, sagt Andre Agassi, „jetzt haben wir auf einmal drei einer Generation, die das innerhalb weniger Jahre schaffen.“

Neue Werte von der glorreichen Spitzenbande

Dabei kann man wirklich nicht sagen, es fehle an Herausforderung durch den Rest der Konkurrenz; die anderen aus den Top Ten und darüber hinaus spielen auch verdammt gut. Roger Federer hat in dieser Woche eine interessante Antwort auf die Frage gegeben, wie groß die Unterschiede zwischen dem Quartett und den Verfolgern seien. „Sie sind nicht groß, aber offensichtlich gibt es sie. Ferrer hat weniger Power als die Top 4, Berdych, del Potro und auch Tsonga haben die Power, aber sie bewegen sich nicht so gut. Wenn die besten vier ihr bestes Tennis spielen, dann wird es schwierig für alle anderen, und das tun wir offenbar öfter.“

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Die Nummer zwei: Roger Federer stand in Wimbledon ganz oben auf dem Podest

Agassi meint, die glorreiche Bande an der Spitze habe neue Werte geschaffen, und dazu gehöre die Fähigkeit, den Gegner von Anfang bis Ende eines Spiels unter Druck zu setzen. „Die Art, wie sie sich in der Defensive bewegen und dabei nie die Offensive aus dem Blick verlieren, gibt diesem Sport meiner Meinung nach eine neue Dimension.“ Fortsetzung folgt? Federer zeigt auch nach 17 Grand-Slam-Titeln und 302 Wochen an der Spitze der Weltrangliste mit 31 Jahren keine Spur von Müdigkeit; Djokovic beendet zum zweiten Mal ein Jahr an der Spitze der Weltrangliste, und Murray weiß nach den spektakulären Siegen bei den Olympischen Spielen und den US Open mehr denn je, wie die Sache weitergehen soll. Aber wie wird Nadal demnächst ins Bild passen? Bei der Rückkehr nach einem halben Jahr Pause wird er sich mit seinen chronischen Knieproblemen nicht weniger quälen müssen als zuvor, und irgendwie fällt einem die Vorstellung schwer, dass er bei den Australian Open schon gut genug in Form sein wird, um Djokovic, Federer und Murray herauszufordern.

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Die Nummer drei: Andy Murray gewann die US Open

Leichter wird die Sache auch deshalb nicht werden, weil er den vierten Platz der Weltrangliste aller Voraussicht nach bald an David Ferrer verlieren und dann bei den großen Turnieren nicht erst im Halbfinale gegen einen der drei anderen spielen wird. Womit wir wieder bei dem Plakat am Eingang der O2 Arena wären, auf dem der zweite Spanier den Platz des ersten bereits eingenommen hat. Wäre Ferrer ins Finale des Turniers der Besten eingezogen, hätte er Nadal in der kommenden Woche verdrängt. Doch Ferrer verfehlte den Halbfinaleinzug, weil zu seinem Leidwesen Federer am Samstag sein letztes Gruppenspiel gegen del Potro 6:7 (3:7), 6:4, 3:6 verlor. In der Vorschlussrunde an diesem Sonntag stehen daher der Schweizer und der Argentinier. Aber man darf Ferrer sicher glauben, wenn er sagt, das zähle wegen Nadals Verletzung nicht. „Mir ist es egal, ob ich am Ende des Jahres die Nummer vier oder fünf bin. Ich versuche einfach nur, mein Bestes in jedem Spiel zu geben.“ Gut möglich, dass er noch nicht mal weit genug nach oben geschaut hat, um sich selbst in Überlebensgröße an der Decke des Foyers zu sehen.

Quelle: F.A.S.
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Tennis: Die nächste Dimension

Tennis

Die nächste Dimension


Von Doris Henkel, London

Seit Jahren ist die Tenniswelt gespalten: Die fabelhaften vier spielen um die großen Titel, dahinter müht sich der Rest. Aber kann Rafael Nadal künftig Anschluss halten an Federer, Djokovic und Murray?

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