Staatspleite in Argentinien: Immer auf die Gauchos – FAZ

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Rindfleisch aus Argentinien ist ein sehr erfolgreiches Exportprodukt – trotzdem kommt das Land wirtschaftlich nicht voran

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Rindfleisch aus Argentinien ist ein sehr erfolgreiches Exportprodukt – trotzdem kommt das Land wirtschaftlich nicht voran

In der alten Welt, in der sich auch Argentinien noch wohlfühlte, gehörten Staatsbankrotte zur Biografie eines Landes wie Putsche, Kriege und Naturkatastrophen. Ausländische Gläubiger wurden oft mit Brosamen abgefunden: Sie bekamen neue, im Wert geminderte Staatsanleihen als Ersatz für die alten. Dann ging das Leben weiter.

Winand von Petersdorff-Campen



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Einen einzigen Schutz nur hatten die Anleihegläubiger: Die Schuldnerländer mussten um ihren Ruf als redliche Kreditnehmer besorgt sein und durften deshalb nicht zu rüde mit ihren Geldgebern umgehen. In der Theorie. Die Praxis bewies oft, wie schwach dieser Schutz war.

Gerade Schwellenländer gingen reihenweise in die Insolvenz (Argentinien allein bis heute acht Mal), so dass es als eines der größten Wunder der Finanzmärkte gelten kann, dass sich für Staatsanleihen der Schwellenländer überhaupt noch ausländische Käufer finden lassen.

Es war eine Welt, in der Macht und Möglichkeiten komplett ungleich verteilt waren. Staaten konnten im Rahmen internationaler Regeln weitgehend tun und lassen was sie wollten, die Anleihegläubiger waren ihnen ausgeliefert.

Das galt, bis eine neue Gruppe von Anleihegläubigern auf die Bühne trat: Die Hedgefonds. Sie sind aggressiver, gewiefter und beharrlicher als die alten Geldgeber. Dazu verfügen sie über die Mittel, finanzielle Durststrecken zu überwinden. Das macht sie viel gefährlicher als jene braven deutschen und italienischen Kleinanleger, die gerade im Fall Argentinien 2001/02 größte Verluste zu verschmerzen hatten.

Segelschiff und Satelliten festgesetzt

Hedgefonds verfolgen extrem unterschiedliche Investitionsstrategien. Gemeinsam haben sie aber, dass sie nach ausgiebiger Analyse etwas kaufen (oder verkaufen), was sie als wertvoller (oder weniger wertvoll) erachten als der Markt es tut: Schweinehälften, das britische Pfund, Lehmann-Papiere oder eben faule Staatsanleihen.

Diese könnten an Wert gewinnen, so das Kalkül, wenn der Staat doch plötzlich bereit ist, Geld herauszurücken. Hedgefonds haben eine Antwort auf die Frage gefunden, wie man Staaten dazu bringt.

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60. Geburtstag von Cristina Fernandez DE KIRCHNER

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Lästig werden hilft. Die gefährlichste Waffe der Hedgefonds sind in diesem Kampf amerikanische Juristen und Journalisten. Die ersten helfen, die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Landes zu lähmen. Die Hedgefonds suchen juristischen Streit, wo sie können. In jeder zweiten Schuldenkrise kommt es inzwischen zu Gerichtsverfahren, in den 70er Jahren war das weitgehend unbekannt, hat der Münchner Ökonom Christoph Trebesch mit Co-Autoren ermittelt. „Vulture Fonds“ (Geierfonds), wie die Investoren auch genannt werden, nutzen immer häufiger legale Taktiken, um den Handel eines Landes oder seine Kapitalflüsse zu unterbrechen. Geierfonds versuchen regelmäßig, das Auslandsvermögen von Staaten, die ihren Zahlungspflichten nicht nachkommen, beschlagnahmen zu lassen. So überzeugte der Elliott-Fonds das afrikanische Land Ghana, ein argentinisches Segelschulschiff festzusetzen. Und er strengte ein Verfahren an, um Argentiniens Verträge mit der kalifornischen Raumfahrtfirma Space X beschlagnahmen zu lassen: Das waren Vereinbarungen, zwei Satelliten in Weltall zu schicken.

Argentiniens Rückzug vom Kapitalmarkt

Solche Verfahren wurden in den meisten Fällen niedergeschlagen, bringen aber immer und immer wieder das Thema Zahlungsmoral Argentiniens in die Öffentlichkeit, womit die Journalisten ins Spiel kommen. Sie mögen Geschichten wie jene über den Versuch, argentinische Dinosaurier-Skelette, die in einem Museum im bayrischen Rosenheim ausgestellt wurden, beschlagnahmen zu lassen.

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