Sojaanbau in Argentinien

Sojaanbau in Argentinien

Eine Bohne zerstört ein Land

Argentinien - einst primär bekannt für seine saftigen Rindersteaks - ist mittlerweile auch einer der größten Sojaproduzenten weltweit. Der Exportboom hat jedoch seinen Preis: Die weltweit steigende Nachfrage sorgt dafür, dass ganze Landstriche veröden.

Von Julio Segador, ARD-Hörfunkstudio Buenos Aires

Im Chaco, einer trockenen und kargen Region im Norden Argentiniens, hat man das Gefühl in der Wüste zu sein. Einer Wüste aus gefällten Bäumen. Holzfäller haben hier vor wenigen Tagen ganze Arbeit geleistet. Gut 3000 Hektar Wald wurden illegal gerodet.

Die Menschen in der Region nennen dieses Gebiet Impenetrable. Das heißt so viel wie undurchdringlich. Im Chaco geht der Regenwald in einen dichten Buschwald über. Die Region ist trocken und karg. Nur wenige, wie etwa die Toba-Indios, haben sich über Jahrhunderte an das entbehrungsreiche Leben angepasst. Bis die Weißen kamen, bis das Soja kam.

Soja-Boom zerstört die Natur im Norden Argentiniens
J. Segador, ARD Buenos Aires
31.03.2014 16:04 Uhr


José Gaetano hat die gerodete Fläche vor wenigen Tagen entdeckt. Wieder einmal waren die Holzfäller schneller als alle anderen, klagt er. "Alles was man hier sieht war unberührter Wald. Es ist ein Trauerspiel, wie diese Leute den Wald zerstören. Sie kommen mit schweren Maschinen in den Wald und roden Hektar um Hektar. Und alles ohne Genehmigung."

Staat und Sojabarone verdienen prächtig

Argentinien lebt vom Sojaanbau. Zusammen mit den Fleischexporten ist Soja die Haupteinnahmequelle des südamerikanischen Landes. Seit Jahren werden die Anbauflächen stark ausgeweitet, die fruchtbare Pampa - traditionell Land, auf dem früher die Rinder grasten - ist inzwischen überzogen mit Sojafeldern.

Immer weiter nach Norden dehnen sich die Anbaugebiete aus, inzwischen auch in Regionen, die vom Regen- und Buschwald geprägt sind. Der Staat und die Sojabarone verdienen prächtig mit dem Soja, auf dem Weltmarkt werden Höchstpreise für die eiweißhaltige Pflanze gezahlt.

Bei José Gaetano, dessen Heimat durch die Abholzungen und die Sojamonokultur ein verändertes Gesicht bekommt, bleibt von den satten Gewinnen nichts hängen. "Nichts, rein gar nichts", klagt er. "Hier im Dorf hat keiner was davon. Das hier ist doch nur noch ein Geisterdorf. Ich finde das empörend. Was hier geschieht, ist beschämend."


Für die Großerzeuger ein gutes Geschäft: Verladung von Sojabohnen in der argentinischen Provinz Santa Fe.


Sandstürme statt Winde

Auch Luis Eduardo Dellamea lebt im Impenetrable. Früher hatte er in der Gegend 6000 Hektar Sojafelder. Inzwischen sind es nur noch 800. Der 40-Jährige sattelt um, will auf seinen Grundstücken nun Ökotourismus etablieren.

Es war ein Tag mit strengem Nordwind, der den Agrarökonomen zum Umdenken brachte. Er zeigt auf seinem Computer den Film, den er damals mit seinem kleinen Fotoapparat drehte. Der heftige Nordwind wurde damals immer mehr zu Sandsturm. Dellamea, der mit dem Wagen unterwegs war, konnte es kaum glauben: "Als ich ausstieg und die ersten Schritte machte, versank ich im Sand", beschreibt er seine erschreckende Erfahrung. "Es hat mich aufgewühlt, weil ich in meiner Agrarausbildung gelernt hatte, wie man unfruchtbare Gegenden, bis hin zu einer Wüste, fruchtbar macht. Und in diesem Moment sah ich mit eigenen Augen, wie aufgrund menschlicher Fehler einst üppige, unberührte Regen- und Buschwälder zur Wüste wurden."

Bis über die Knöchel im Sand

Durch die Monokultur und durch das Fehlen von Wäldern hatte der strenge Wind auf den Sojafeldern leichtes Spiel. Schnell war die dünne Humusschicht abgetragen, danach die Sandschicht. Bis über seine Knöchel sank der Landwirt in den Sand ein. In diesem Moment begriff er, was er mit der Sojamonokultur, die den Boden schutzlos dem Klima ausliefert, angerichtet hatte.

"Das war eigentlich ein kleines, eher punktuelles Ereignis", erzählt er. "Ich frage mich, wie es wohl ist, wenn dieser Effekt auf tausenden von Hektaren Anbaufläche auftritt. Wie hoch ist dann der Grad an Erosion? Ich denke, man müsste die Risiken, deren Folgen ich damals hautnah mitbekommen habe, besser bekannt machen."

Dieser Beitrag lief am 24. März 2014 um 11:46 Uhr im Deutschlandfunk.

Stand: 31.03.2014 17:14 Uhr

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