Siemens Schmiergeldaffäre

München –  

Die juristische Aufarbeitung des 2006 aufgedeckten Siemens-Korruptionsskandals steht vor ihrem letzten Akt. Als zweiter Topmanager nach seinem Ex-Vorstandskollegen Thomas Ganswindt muss sich ab kommendem Freitag der gebürtige Israeli Uriel Sharef vor dem Landgericht München verantworten. Staatsanwälte werfen dem 68-Jährigen vor, in die Bestechung hochrangiger Vertreter des Staates Argentinien verstrickt zu sein. In den USA wurde der Fall schon verhandelt. Dort wurde klar, dass es sich bei den Bestochenen unter anderem um den früheren argentinischen Staatspräsidenten Carlos Menem handelt. Auch ein zweiter argentinischer Präsident sei geschmiert worden, mutmaßlich Menems Nachfolger Fernando de la Rua.

Begleitende Drohszenarien

Insgesamt wurden laut Klageschrift 2003 aus schwarzen Kassen und über Scheinverträge rund 14,6 Millionen Dollar Schmiergeld gezahlt. Die schwarzen Kassen, in denen seinerzeit rund 35 Millionen Dollar versteckt waren, wurden zudem mit 6,3 Millionen Dollar wieder befüllt. Dabei sei Sharef der Strippenzieher gewesen. Er habe alles initiiert, koordiniert und den Stein ins Rollen gebracht. Ursprünglich wollte Siemens mit den Schmiergeldern einen milliardenschweren Auftrag für fälschungssichere Ausweise an Land ziehen. Zu dem Geschäft ist es nach einem Regierungswechsel in Argentinien nie gekommen. Die Geschmierten hatten gegenüber Siemens aber begleitet von Drohszenarien auf die verabredeten Summen gepocht, haben Staatsanwälte und das bayerische Landeskriminalamt ermittelt.

Sharef war in dieser Zeit als Siemens-Zentralvorstand unter anderem für die Region Amerika verantwortlich und wäre eigentlich verpflichtetet gewesen, die Schmiergeldpraktiken zu unterbinden. Statt dessen habe er sich gegenüber einem Untergebenen geweigert, die schwarzen Kassen wieder unter Siemens-Kontrolle zu bringen, obwohl dieser ihn darum gebeten habe. Das geht aus der Klageschrift hervor. Wenn es stimmt, was die Ermittler herausgefunden haben, hat der heute 68-Jährige selbst zum Telefonhörer gegriffen und illegale Zahlungen angewiesen. Er habe das Geschehen gesteuert, sich mit einem Mittelsmann der geschmierten argentinischen Regierungsvertreter getroffen und schwarze Kassen gedeckt, ohne intern Alarm zu schlagen. Angeklagt ist Sharef wegen Untreue in zwei besonders schweren Fällen und Anstiftung zu einem weiteren solchen Fall. In den USA wurde Sharef wegen der argentinischen Affäre diesen April bereits zu einer Geldstrafe von 275.000 Dollar verurteilt. Das ist möglich, weil Siemens ist an der US-Börse gelistet ist und insofern als amerikanisches Unternehmen gilt.

Von Regressforderungen freigekauft

Auch Menem wurde vor kurzem von einem argentinischen Gericht verurteilt, wenn auch nicht wegen des Siemens-Bestechungsfalls sondern wegen Waffenschiebereien nach Kroatien und Ecuador. Das Urteil lautete auf sieben Jahre Haft. Ob der heute 83-Jährige die antreten muss, gilt mit Blick auf sein Alter und vorgebrachte Gesundheitsprobleme als fraglich. Menem war von 1989 bis 1999 Staatspräsident in Argentinien. Dieser musste wegen der Korruptionsaffäre nie vor Gericht. Von der deutschen Justiz wurde er wegen des Falls in Argentinien wegen vernachlässigter Aufsichtspflichten mit 250.000 Euro Geldbuße bedacht. Mit seinem ehemaligen Arbeitgeber hat von Pierer einen Vergleich über fünf Millionen Euro geschlossen. Auch Sharef hat sich mit Siemens bereits verglichen und mit vier Millionen Euro von weiteren Regressforderungen freigekauft.

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