Schweiz plötzlich Favorit gegen England: Wer spielt sich heute ins Rampenlicht?

Wie stark kann sich eine Mannschaft innert 69 Tagen verändern? Wie sehr hat sie sich entwickelt innerhalb von 9595 Kilometern? Am 1. Juli verlor die Schweiz den WM-Achtelfinal gegen Argentinien. 69 Tage später beginnt sie die EM-Qualifikation gegen England. In Basel, 9595 Kilometer von São Paulo entfernt, gibt Vladimir Petkovic seinen Einstand als Schweizer Nationaltrainer. Wobei neben dem Resultat vor allem auch der gesamte erste Eindruck zählt.

Die Begeisterung für das englische Nationalteam hält sich auf der Insel in ziemlich engen Grenzen. Neun Tore in den letzten zehn Spielen haben die «Three Lions» gerade einmal erzielt. Fünf davon gegen Peru und Ecuador. Also fragt ein Engländer Petkovic: «Ist die Schweiz plötzlich so gut geworden oder England plötzlich so schlecht, dass die Schweiz als Favorit ins Spiel geht?» Vor zehn Jahren sei so etwas schliesslich noch undenkbar gewesen. Petkovic sagt: «Ich bin gerne Favorit. Aber die Bestätigung dafür muss auf dem Platz erfolgen.»

Petkovic ist bewusst, dass die gute Atmosphäre der letzten Woche, die er betont, «nichts nützt ohne ein positives Resultat». Ein positives Resultat, das kann unter Umständen auch ein Unentschieden sein. «Aber», hält er fest: «Wir spielen auf Sieg!»

Inler: «England bleibt England»

Im Team ist nur wenig anders seit São Paulo. Eine tiefgreifende Änderung aber gab es. Diego Benaglio entschied sich nach sechs Jahren als Nummer 1 zum Rücktritt. Yann Sommer übernimmt. Anlass zur Sorge gibt das überhaupt nicht. Zu sehr hat Sommer mit dem FC Basel auf der grossen Bühne Champions League bereits überzeugt. Und dass Sommer mit dem FCB bereits einigen englischen Teams das Leben schwergemacht hat, kann nur ein Vorteil sein. Zumal alle elf Engländer, die heute beginnen werden, in der Premier League spielen.

Der Schweizer Captain heisst auch unter Petkovic Gökhan Inler. Dieser räumt gleich selbst die letzten Zweifel aus – falls sie überhaupt noch vorhanden waren –, welche Veränderungen Petkovic vorgenommen hat. «Jeder Trainer möchte sein eigenes System reinbringen. Wir spielen jetzt 4-3-3, ich denke, wir haben das erfolgreich trainiert.» Auf die Frage, ob ein Duell mit England für die Schweiz überhaupt noch ein «grosses Spiel» sei oder ob diese grossen Spiele nicht doch eher gegen Italien, Deutschland und so weiter stattfänden, sagt Inler: «England bleibt das grosse England.»

Inler bleibt also der Leader dieser Mannschaft. Wenngleich Petkovic mit seinem ersten Aufgebot Signale aussandte, dass er bereit ist, Spielern eine Chance zu geben, die eine solche lange Zeit nicht erhalten hatten. Blerim Dzemaili – vor allem er – gehört dazu, auch ein Pajtim Kasami hat berechtigte Hoffnungen, sich bald beweisen zu dürfen. Für den Moment aber drängt sich kein Wechsel auf. Auch Petkovic vertraut Inler, Xhaka und Behrami. Wobei Letzterer gerade wegen seines fragilen Körpers und seiner überschaubaren Kreativität nicht immer Petkovics erste Wahl sein dürfte.

Dzemaili ist einer von 11 Schweizer Spielern im Aufgebot, die den Verein gewechselt haben. In letzter Minute einigte er sich mit Galatasaray Istanbul auf ein Engagement. Dzemaili setzt grosse Hoffnungen in Petkovic. «Mit jedem neuen Trainer kommen Veränderungen. Ich freue mich darauf.» Auch sonst weiss Dzemaili nur Positives über Petkovic zu berichten. «Als er merkte, dass Behrami und ich Probleme hatten mit dem Trainer in Napoli, besuchte er uns bereits einen Tag später im Trainingslager. Das ist unter Ottmar Hitzfeld nie vorgekommen.»

Von Bergen kehrt nach seiner Verletzung aus dem WM-Spiel gegen Frankreich als Patron in der Verteidigung zurück. Auch Rodriguez und Lichtsteiner bleiben unverzichtbar.

Drmic: «Jeder weiss, was ich kann»

Von den Offensivspielern muss Xherdan Shaqiri noch mehr Verantwortung übernehmen. Auf dem Platz ist er längst unverzichtbar. Umso wichtiger, dass er seine Launen, die er zunehmend auch bei den Bayern zeigt, in der Garderobe lässt.

Josip Drmic und Valentin Stocker gehören zu jenen Spielern, die sich nach Vereinswechseln durchbeissen müssen. Der Neu-Berliner Stocker hat seinen Platz bereits an der WM an Mehmedi verloren. Im Verein sitzt er bisher nicht einmal auf der Ersatzbank.

Zumindest dies darf Drmic in Leverkusen tun. Seine Hoffnungen, gegen England zur Startelf zu gehören, sind trotzdem gross. «Jeder weiss, was ich kann», sagt er. Mit Shaqiri bildete er an der WM ein starkes Duo. Sein Konkurrent Haris Seferovic hat ebenfalls und zum wiederholten Male einen neuen Verein. In Frankfurt ist er gesetzt und hat bereits zwei Tore erzielt. Er sagt: «Wer von uns letztlich spielt, ist egal. Hauptsache, wir schlagen England und können uns als Team weiterentwickeln.»

Er weist den Spielern den Weg. Quelle: key



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EM-Qualifikation 2016. Gruppe E

Schweiz - England. - Basel, St.-Jakob-Park. - 35'000 Zuschauer (ausverkauft). - SR Cakir (Tür).

Schweiz: Sommer (Borussia Mönchengladbach); Lichtsteiner (Juventus Turin), Djourou (Hamburger SV), Von Bergen (Young Boys), Rodriguez (Wolfsburg); Behrami (Hamburger SV), Inler (Napoli), Xhaka (Borussia Mönchengladbach); Shaqiri (Bayern München), Drmic (Bayer Leverkusen), Mehmedi (Freiburg).

England: Joe Hart (Manchester City); Stones (Everton), Jones (Manchester United), Cahill (Chelsea), Baines (Everton); Oxlade-Chamberlain (Arsenal), Wilshere (Arsenal), Henderson (Liverpool), Sterling (Liverpool); Welbeck (Arsenal), Rooney (Manchester United).

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