Santo André.
Schon wieder: Deutschland gegen Argentinien! Das ist der Klassiker in der Geschichte der zwanzig Fußball-Weltmeisterschaften und der deutschen Nationalmannschaft schlechthin. Dass zwei Nationen dreimal in einem Endspiel um den Titel kämpfen, ist einmalig. Mit dem 1:0-Sieg 1990 in Rom revanchierte sich das Team Franz Beckenbauers für die 2:3-Niederlage 1986 in Mexico City. Aller guten Dinge sind bekanntlich drei: Am Sonntag im Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro also das WM-Finale zum Dritten zwischen den Erben der Matthäus- und Maradona-Generation.
Und damit noch nicht genug der Besonderheiten. Die aktuelle deutsche Mannschaft ist nahezu identisch mit jener Rasselbande Joachim Löw, die vor vier Jahren im Viertelfinale von Kapstadt die von Diego Maradona trainierten „Albicelestes“, die Weiß-Himmelblauen, mit 4:0 deklassierte: Neuer, Lahm, Mertesacker, Boateng, Khedira, Kroos, Schweinsteiger, Müller, Podolski, Özil, Klose blamierten damals den Trainer mit dem weltberühmten Namen bis auf die Knochen.
Der Champion 1986 und 1990 war auch jeweils die beste Mannschaft des Turniers. Der Verlierer fühlte sich dennoch als der unglücklich Unterlegene. Die Deutschen, weil sie 1986 im mit 114 600 Zuschauern prall gefüllten Azteken-Stadion nach einem 0:2-Rückstand und dem unverhofften 2:2-Ausgleich durch Rummenigge und Völler wegen eigener Unaufmerksamkeit fünf Minuten vor Schluss noch verloren. Die Argentinier, weil sie 1990 im mit 73 603 Zuschauern ausverkauften Olympiastadion bei zwei Platzverweisen erst durch einen fragwürdigen, von Rudi Völler „herausgeholten“ und von Andreas Brehme verwandelten Foulelfmeter fünf Minuten vor Abpfiff bezwungen wurden.
Die gemeinsame Historie wird auch geprägt von der Epoche und der Begegnung zweier Ikonen: Diego Maradona und Lothar Matthäus. Der Rekord-Nationalspieler (150 Länderspiele) schrieb die bemerkenswertesten Kapitel in der deutsch-argentinischen Fußball-Geschichte. Es fügte sich, dass die gleichaltrigen Weltstars auf dem Zenit ihrer Karriere direkte Gegner wurden. Kein anderer deutscher Nationalspieler ist so oft gegen Argentinien angetreten wie Matthäus: siebenmal, davon zweimal in einem WM-Finale. In allen sieben Länderspielen gegen Argentinien (zwei Siege, ein Unentschieden, vier Niederlagen) zwischen 1982 und 1993 wirkte Matthäus mit. „Die Argentinier haben stets taktisch sehr gut gespielt mit glänzenden Technikern wie dem herausragenden Maradona. Sie gingen aber auch stets robust zur Sache“, erinnert sich Matthäus.
Sein Durchbruch vom jugendlichen Hallodri zum zuverlässigen Stammspieler hatte auch mit Maradona zu tun. Nach lediglich drei Einwechslungen seit der EM 1980 hatte der Franke von Borussia Mönchengladbach auf der Südamerika-Tournee im März des WM-Jahres 1982 seine ersten beiden Auftritte von Anfang an – und kam gleich groß heraus. Nachdem er an seinem 21. Geburtstag, am 21.März 1982, in Rio beim 0:1 gegen Brasilien bereits den „weißen Pele“ Zico ausgeschaltet hatte, bestätigte der Jungspund drei Tage später vor 69000 Zuschauern in Buenos Aires beim 1:1 gegen Argentinien seine Kämpfernatur: Matthäus wurde auch mit Maradona fertig. In seinem vierten und fünften Länderspiel, in den beiden ersten über volle neunzig Minuten, hatte er innerhalb von vier Tagen zwei Weltstars an die Kette gelegt.
Insgesamt sechsmal begegneten sich die beiden Fußball-Großmächte aus Südamerika und Europa allein bei Weltmeisterschaften. Die WM führte Deutschland und Argentinien schon zu ihren ersten beiden Länderspielen zusammen, jeweils in der Vorrunde: 1958 in Schweden (deutscher 3:1-Sieg) und 1966 in England (0:0). Dann Viertelfinale 2006 in Berlin: deutscher Sieg nach 1:1 und 4:2 im Elfmeterschießen. Schließlich zuletzt das 4:0 in Kapstadt.
Argentinien hat längst einen Maradona-Nachfolger: Lional Messi. Deutschland braucht keinen Matthäus-Nachfolger.
Deutschland und Argentinien treffen sich in einem WM-Endspiel am Sonntag in Rio de Janeiro bereits zum dritten Mal. Insgesamt ist es das siebte WM-Duell der beiden Fußball-Giganten.