Als Ramón Ángel Díaz es letztes Jahr als "Wahnsinn" bezeichnete, dass Paraguay in der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste den 80. Platz bekleidete, klang das wie ein vorher zurechtgelegter Satz. Einige sahen in dieser Aussage gar den Versuch, die Paraguayer für sich zu gewinnen, die gespannt auf sein Debüt als Nationaltrainer der Albirroja warteten.
Doch El Pelado, der den Posten Ende letzten Jahres übernommen hatte, ging noch weiter. "Mit der Qualität der Spieler und dem Material, das uns zur Verfügung steht, werden wir diese Situation meiner Ansicht nach sehr schnell hinter uns lassen", fügte der Argentinier kurz vor den Freundschaftsspielen gegen Costa Rica (0:0) und Mexiko (0:1) mit Bezug auf die Rangliste der FIFA hinzu.
Und Díaz sollte Wort halten: In der jüngsten Ausgabe der Rangliste, die sechs Monate nach seiner Voraussage erschien, belegt Paraguay den 55. Rang – das ist die beste Platzierung seit August 2014. Damals rangierten die Paraguayer auf dem 47. Platz, nachdem sie die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Brasilien 2014™ am Fernsehschirm verfolgen mussten. Danach folgte eine Talfahrt, die der Trainer nutzte, um seine Spieler zu motivieren.
Mehr als leere Worte
Die fussballerische Wiedergeburt Paraguays nahm im Vorfeld der Copa América 2015 erste Formen an, als Díaz seinen Spielern ein Konzept und eine klare Botschaft vermittelte. "Wir wollen eine feste Truppe zusammenstellen, eine Struktur, auf die wir uns in Zukunft verlassen können, eine Mannschaft, die sich wieder Respekt verschafft. Wir werden die Fans nicht enttäuschen."
Zunächst einmal sprach er mit Justo Villar, Paulo Da Silva und Roque Santa Cruz drei großen Routiniers sein Vertrauen aus, obwohl diese sich in der Qualifikation für die WM in Brasilien nicht in Bestform präsentiert hatten. Diese drei Akteure, die gemeinsam mehr als 340 Länderspieleinsätze vorweisen können, waren die Stützpfeiler des Teams, das die Reise nach Chile antrat.
Hinzu kamen einige etwas jüngere, aber dennoch erfahrene Nationalspieler wie der Verteidiger Miguel Samudio (28), der gebürtig aus Argentinien stammende und in Paraguay eingebürgerte Mittelfeldspieler Néstor Ortigoza (30) sowie die Angreifer Lucas Barrios (30) und Nelson Haedo Valdez (31). Für die perfekte Mischung sorgten schließlich einige junge Talente wie der als hängende Spitze eingesetzte Derlis González (21) sowie die Abwehrspieler Bruno Valdez (22) und Fabián Balbuena (23) und der Mittelfeldakteur Oscar Romero (23).
Und wieder sollte sich Díaz' Ankündigung bewahrheiten. Paraguay sicherte sich mit guten Ergebnissen Respekt und stand am Ende in Gruppe B ungeschlagen auf dem zweiten Platz. Die Albirroja erreichte gegen Vizeweltmeister Argentinien nach einem 0:2-Rückstand noch ein 2:2, setzte sich mit 1:0 gegen Jamaika durch und schloss die Partie gegen Titelverteidiger Uruguay mit einem 1:1 ab. Im Viertelfinale besiegte man dann gar Brasilien im Elfmeterschießen, nachdem nach der regulären Spielzeit ein 1:1 auf der Anzeigetafel gestanden hatte. Solche Siege waren es, auf die die Fangemeinde so lange sehnsüchtig gewartet hatte.
Grund zur Freude und zum Optimismus
Weder die hohe Niederlage gegen Argentinien im Halbfinale (1:6) noch das 0:2 gegen Peru im Spiel um den dritten Platz konnten die Begeisterung von Ramón Díaz nach dem Turnier trüben. "Wir kamen auf Einladung, um drei Tage zu bleiben, und sind am Ende einen Monat geblieben. Wir standen auf dem 85. Platz der FIFA-Weltrangliste und gehören jetzt zu den vier besten Teams der Copa América. Wir waren Protagonisten und sind sehr zufrieden mit dem Erreichten", so der Nationaltrainer, der es wie immer verstand, die Situation auf den Punkt zu bringen. Später stellte sich dann heraus, dass Paraguay in der Rangliste des Monats Juli sage und schreibe 29 Plätze gutgemacht hatte.
"Vor allem stimmt es uns zufrieden, dass wir diese Erfahrung machen durften", so der Trainer weiter mit dem gewohnten Lächeln im Gesicht. "Die Mannschaft hat gut gespielt und gegen bedeutende Gegner wie Argentinien, Uruguay und Brasilien viel Charakter gezeigt. Wir haben uns von vielen Spielern ein Bild machen können... Aus all dem können wir Schlüsse für die Zukunft und für unsere Vorgehensweise in der WM-Qualifikation ziehen."
Seitdem hat Paraguay in Santiago ein Testspiel gegen Chile bestritten, das mit einer 2:3-Niederlage endete. "Das war eine positive Angelegenheit. Wir haben vor allem Spieler aus dem lokalen Fussball mitgenommen, von denen einige mich noch nicht einmal kannten. Wir haben die Möglichkeit genutzt, ihnen unser Konzept nahezubringen", so der Trainer. Díaz ist sich zwar durchaus der Tatsache bewusst, dass er noch Zeit braucht, um mit der Mannschaft zu arbeiten, gibt sich aber im Hinblick auf den ersten Doppelspieltag der Qualifikation für Russland 2018 dennoch optimistisch. Er muss mit seinem Team zunächst auswärts gegen Venezuela und anschließend zu Hause gegen Argentinien antreten. "Wir werden sehr wettbewerbsstark sein", verspricht er. Und was er verspricht, das hält er in der Regel auch.