Polo in Berlin – Der Boden bebt bei Tempo 60

Pferdesport Polo in Berlin – Der Boden bebt bei Tempo 60

Auf dem Rücken der Pferde: Gaston Maiquez (r.) aus Argentinien ist mit Handicap 7 der beste Spieler, der beim Maifeld Cup antritt

Polo gilt als teure Elite-Disziplin für reiche Snobs. Bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin will der Sport endlich ein größeres Publikum beeindrucken. Doch ganz ohne Champagner geht es dann doch nicht.

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17.08.13, 11:24

Pferdesport

Polo gilt als teure Elite-Disziplin für reiche Snobs. Bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin will der Sport endlich ein größeres Publikum beeindrucken. Doch ganz ohne Champagner geht es dann doch nicht.

Foto: dpa

Auf dem Rücken der Pferde: Gaston Maiquez (r.) aus Argentinien ist mit Handicap 7 der beste Spieler, der beim Maifeld Cup antritt

Auf dem Rücken der Pferde: Gaston Maiquez (r.) aus Argentinien ist mit Handicap 7 der beste Spieler, der beim Maifeld Cup antritt

Eine zarte Brise weht über die sattgrünen Wiesen von Werder. Das 274 Meter lange Spielfeld liegt verlassen da, noch traben hier keine Pferde. An einem der Holztische hat eine ältere Dame es sich schon mal bequem gemacht. Ihr schicker Hut passt perfekt zum Rest der Garderobe, in der Hand hält sie ein Fernglas. Daneben wummern sanfte Elektrobeats aus den Boxen.

Trendige Musik hier, gelebte Tradition dort. Verspielte Sonnenbrillen versus Monokel. So präsentiert sich der Polosport in diesen Tagen in Berlin und Brandenburg. Ein bisschen weg vom Image der versnobten Elitedisziplin soll es sein, mehr das Spiel zu Pferde für jedermann. "Wir wollen ein Lifestyle-Event für die ganze Familie kreieren und den Leuten den Sport näherbringen", sagt einer der Organisatoren.

Polo, davon hat jeder schon mal gehört. Das ist dieser Sport mit den Pferden und den Schlägern, zu dem die Spieler lustige Tropenhelme und weiße Hosen tragen. Über den in den Boulevardblättern berichtet wird, wenn Prinz William während des Spiels an die Windeln für seinen Sohn denken muss. Wie genau Polo funktioniert, die Geschichte, die Regeln, kennen nur die wenigsten. "Trotzdem nimmt es in Deutschland irre zu", sagt Thomas Winter.

Heino Ferch spielt mit

Winter, 45 Jahre jung, Fünftagebart, rosa Polohemd, ist der beste Spieler in Deutschland. Während er spricht, wird hinter ihm das erste Qualifikationsspiel des Tages ausgetragen. Eine Mannschaft setzt einen Konter, der Ball rollt durch das Tor. Die Tiere galoppieren, der Boden bebt. Winter ist später dran, dann will er sich mit seinem Team eine günstige Ausgangsposition für die Finalspiele des Berlin Maifeld Cup, der Deutschen Meisterschaft, erspielen, die heute und morgen im Olympiapark stattfinden.

Das Turnier ist das wichtigste in Deutschland. "Vor fünf Jahren habe ich noch jeden Spieler gekannt, inzwischen ist es umfangreicher geworden" sagt Winter. Die, die es früher auf die Tennis- und Golfplätze zog, würden nun vermehrt zum Polo kommen. In Berlin spielt Schauspieler Heino Ferch mit.

Zugegeben, Polo ganz ohne Champagner kann und wird es wohl nie geben. Beim Turnier in Berlin hofft man dennoch auf Interesse in der Breite, auch deshalb ist der Eintritt frei. 320 Mitglieder zählt der Deutsche Poloverband, insgesamt gibt es bundesweit knapp 500 Aktive, die in 38 Klubs spielen. Das ist trotz Zuwachsraten überschaubar. Die Einstiegshürden, vor allem die finanziellen, sind hoch. Ein gutes Polopferd kostet etwa 15.000 Euro, dazu kommen Aufwendungen für Futter, Stall, Tierarzt, Ausrüstung, Transport.

Ein Pferd reicht nicht

Und ein Pferd allein reicht nicht. Denn pro Chukka, wie die Spielviertel heißen, muss ein anderes Tier eingesetzt werden. "Fünf Pferde sind eigentlich das Minimum", sagt Winter. Ignacio Figueras, der argentinische Superstar, besitzt nicht weniger als 400. Winter ist der einzige Deutsche, der ausschließlich von Polo lebt. Was er in der von Mai bis September laufenden Saison verdient, reicht aus, um die Kosten für seine Pferde zu decken. Zusätzlich betreibt er in Hamburg eine Poloschule und ist Betriebsleiter eines Gestüts.

Das "Manager Magazin" nahm Polo in diesem Jahr in die Liste der sieben teuersten Sportarten der Welt auf. Man muss das Thema Geld wohl einfach ausklammern, um die Faszination zu begreifen. "Wenn man diese Einheit zwischen Mensch und Tier erreicht – das ist unbeschreiblich", sagt Winter und erzählt von seiner Lieblingsstute Prima, die in die richtige Richtung lief, bevor er ihr ein Kommando gab.

Winter wuchs in Sambia auf, seine Mutter betrieb dort eine Reitschule. Er entschied sich für Polo, die einzigen Reitdisziplin, die im Team gespielt wird. Erst mit 30 konzentrierte er sich ausschließlich auf seinen Sport. "Die Jungs heute sind schon viel früher viel besser", sagt er.

Es ist Stolz zu hören in den Stimmen derer, die der Szene angehören. Der "Sport der Könige" gilt als ältester Mannschaftssport der Welt. 700 vor Christus in Persien bereits gespielt, war Polo ein wichtiges Instrument der Politik. Nicht selten wurden Minister- und Militärposten zu Pferde erkämpft. 1869 brachten die Engländer den Sport nach Europa, das erste Spiel in Deutschland fand Ende des 19. Jahrhunderts statt.

Halsbrecherische Aktionen

Ein guter Spieler, so heißt es, brauche die Oberkörpermuskulatur eines Boxers, die Beinkraft eines Eishockeyspielers und die Kondition eines Zehnkämpfers. Mit bis zu 60 Stundenkilometern rasen die Reiter über das Grün. Die Zügel in der einen, den Schläger in der andere Hand, teilweise halsbrecherisch. Nach Spielende dampfen Mensch und Tier.

Eine Legende erzählt von einem Hamburger Unternehmer, der in den 80er-Jahren eine Querschnittslähmung erlitt, sich daraufhin an Sattel und Steigbügeln festkleben ließ – und sich beim nächsten Turnier das Genick brach.

Verletzungen gehören zum Geschäft. Doch der Schutz der Tiere steht ganz oben. "Die Pferde sind heutzutage so gut trainiert, dass sie sich sehr selten verletzen", sagt Winter. Die wichtigste Regel, die das Kreuzen der Balllinie untersagt, verhindert Kollisionen.

Zudem treten beim Maifeld Cup nur erfahrene Spieler an. Sie wurden von Sponsoren für ihr Team eingekauft, fast die Hälfte kommt aus Argentinien. In Südamerika ist Polo Volkssport, die Spiele laufen im Fernsehen. In Berlin würden sie sich schon über 10.000 Zuschauer freuen.

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