Parlamentswahl in Argentinien entscheidet mit über Zukunft der Präsidentin

Kirchner droht Schlappe

Für Argentiniens Staatschefin Cristina Kirchner dürfte es schwierig werden, ihren Traum von einer zweiten Wiederwahl zu verwirklichen. Mit der Parlamentswahl beginnt der Kampf um ihre Nachfolge 2015.

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Buenos Aires Die Parlamentswahl in Argentinien am Sonntag wird vermutlich das Ende der Regierungszeit von Staatschefin Cristina Fernández de Kirchner einläuten. Alle Wahlprognosen gehen davon aus, dass die Präsidentin eine Wahlschlappe erleiden wird, die ihr den Weg zu einer zweiten Wiederwahl 2015 endgültig versperren dürfte. Um die dafür nötige Verfassungsreform durchzusetzen, bräuchte sie nämlich eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament - ein unerreichbares Ziel angesichts der 30 Prozent, die Umfragen der Regierung bei der Erneuerung der Hälfte der Abgeordneten und eines Drittels der Senatoren vorhersagen.

Will 2015 zum dritten Mal Präsidentin Argentiniens werden: Cristina Fernandez de Kirchner. Dazu müsste aber zuvor die Verfassung geändert werden. Foto: afp

Mit einem Ergebnis in dieser Größenordnung würde die Regierungskoalition Frente para la Victoria (FPV - Front für den Sieg) zwar nicht allzu viele Abgeordnetenmandate im Parlament verlieren. Auch ist es gut möglich, dass die FPV vor der zersplitterten Opposition landesweit die meisten Stimmen erlangt. Dennoch steht der Regierung eine politische Niederlage ins Haus - eingedenk der 54,1 Prozent, mit denen Kirchner 2011 ihre Wiederwahl gewann. In den fünf größten Wahldistrikten des Landes - der Bundeshauptstadt Buenos Aires sowie der Provinzen Buenos Aires, Córdoba, Santa Fe und Mendoza - werden Verluste der FPV im Bereich von 8 bis mehr als 20 Prozentpunkten vorausgesagt.

Die wahrscheinlichen Gewinner in diesen fünf Wahlbezirken kommen aus verschiedenen politischen Lagern - vom Sozialisten Hermes Binner über Sergio Massa, den Abtrünnigen des peronistischen Regierungslagers, bis hin zur konservativen Partei des Hauptstadt-Bürgermeisters Mauricio Macri. Sie alle versuchen, sich als mögliche Kandidaten für die Nachfolge Cristina Kirchners 2015 zu profilieren.

Zwar werden ihre Anhänger, die "Kirchneristas", nicht müde zu betonen, welche Verdienste sie sich in den vergangenen Jahren um den "Wohlfahrtsstaat" erworben haben. Die Präsidentin, die ihren 2007 gestorbenen Mann Néstor im selben Jahr an der Staatsspitze ablöste, nennt das Kirchner-Regnum ein "gewonnenes Jahrzehnt" - nach der tiefen Wirtschaftskrise von 2001, als Argentinien seine Schulden nicht mehr bezahlen konnte und bankrott ging.

Bei der von den beiden Kirchners gegründeten FPV - sie besteht aus den regierungstreuen Peronisten der Justizialistischen Partei (PJ) und ihren Verbündeten - heißt es, in der Zeit von 2003 bis 2013 seien fünf Millionen Arbeitsplätze geschaffen worden. Kindergeld sei an vier Millionen Arme gezahlt und der Konsum durch Lohn- und Gehaltssteigerungen angekurbelt worden. Dazu komme die Wiederverstaatlichung oder Teilverstaatlichung dutzender Unternehmen, darunter der Ölkonzern YPF. Außerdem nahmen die Strafprozesse wegen Verbrechen während der Militärherrschaft (1976 - 1983) stark zu, selbst wenn die Justiz wegen der langsamen Verfahren immer wieder kritisiert wurde.

Doch die Opposition - Sozialdemokraten, Rechtsliberale und dissidente Peronisten - kontert mit dem Hinweis auf eine Inflationsrate von mehr als 25 Prozent sowie Korruption und verbreitete Gewaltkriminalität. Der Regierung wirft die Opposition vor, amtliche Statistiken zu "frisieren" oder zu fälschen, um etwa auf eine Inflationsrate von zehn Prozent zu kommen.

Regierungsvertreter wie Vizepräsident Amado Boudou sind zudem in Korruptionsaffären verwickelt. Das schleppende Vorgehen der Justiz gegen Boudou - ihm wird Vorteilsgewährung im Amt vorgeworfen - stößt zunehmend auf Kritik. Gegen ihn und Cristina Kirchner gingen in den vergangenen Monaten tausende Menschen auf die Straße. Kirchners Popularität ist seit ihrer Wiederwahl deutlich gesunken.

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