Papstbiograf Galgano: "Der Papst ist nicht böse"

Papst Franziskus, Argentinier und Fußballfan, trifft bei der Privataudienz der Bayern auch den WM-Finaltorschützen Mario Götze. Kann er verzeihen? Interview: Christian Spiller

Papst Franziskus

Papst Franziskus  |  © Franco Origlia/Getty Images

ZEIT ONLINE: Herr Galgano, Sie arbeiten bei Radio Vatikan, kennen sich also aus. Sagen Sie: Ist der Papst eigentlich Fan des AS Rom?

Mario Galgano: Der Papst ist großer Fußballfan, aber er mag vor allem sein San Lorenzo aus Argentinien. Es ist eine große Streitfrage in Rom, ob ein Papst für die Roma oder doch den Lokalrivalen Lazio sein soll.

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ZEIT ONLINE: Gott sei Dank, dann wird er die Bayern trotz des 1:7 am Dienstagabend doch empfangen?

Galgano: Ja, natürlich. Und er wird ganz sicher gratulieren.

ZEIT ONLINE: Was ist so eine Privataudienz eigentlich genau?

Galgano: Das ist ein Besuch beim Papst, der im Gegensatz zu allen anderen Audienzen, also der Gruppen- oder Generalaudienz, keinem Protokoll folgt. Eine Privataudienz ist sehr locker.

ZEIT ONLINE: Wirklich?

Galgano: Ja, es ist nur eine Anfangs- und eine Endzeit festgelegt. Meistens hat man eine halbe Stunde Zeit, was dazwischen läuft ist offen. Es ist wie ein privater Besuch, fast so, als ob man bei seinem Onkel vorbeischaut: Man geht hin und plaudert.

Mario Galgano

Mario Galgano ist ein Schweizer Journalist bei Radio Vatikan. Der 34-Jährige veröffentlichte im vergangenen Jahr eine Biografie über Papst Franziskus.

ZEIT ONLINE: Wie viele dieser Privataudienzen gibt es im Jahr?

Galgano: Etliche, so genau kann ich das gar nicht sagen. In jeder Woche sind es zig.

ZEIT ONLINE: Der Papst muss dem FC Bayern erst mal erklären, warum die Lokalrivalen, die Münchner Löwen, schon eher da waren, im Sommer nämlich.

Galgano: Na ja, der Papst organisiert das ja nicht selbst. Es gibt eine Stelle im Vatikan, die für die Privataudienzen zuständig ist, und entscheidet, wen sie vorlassen und wen nicht.

ZEIT ONLINE: Wo liegt die Schwelle? Ich als Redakteur von ZEIT ONLINE hätte es sicher schwer.

Galgano: Das liegt im Ermessen der Mitarbeiter. Die kennen sich aus und schauen: Lohnt es sich? Der Papst selber würde am Liebsten jeden treffen, für ihn gibt es keinen, der wichtiger oder unwichtiger ist.

ZEIT ONLINE: Wo findet so eine Privataudienz statt?

Galgano: Beim Papst zu Hause. Er wohnt in einem Gästehaus. Sein Zimmer wird für die komplette Delegation sicherlich etwas zu klein sein, also wird das alles in einem anderen, größeren Raum stattfinden.

ZEIT ONLINE: In welcher Sprache?

Galgano: Normalerweise spricht er auf Italienisch oder Spanisch. Guardiola spricht ja Spanisch, für den Rest ist ein Übersetzer dabei.

ZEIT ONLINE: Und es gibt kein Protokoll?

Galgano: Nicht wirklich. Der Hausfotograf des Vatikan wird zu Beginn ein paar Bilder machen und es wird TV-Aufzeichnungen vom Handshake geben. Der Rest wird dann hinter verschlossenen Türen stattfinden. Dort spricht man über Fußball, die Welt und Gott.

ZEIT ONLINE: Ist der Papst wirklich so ein großer Fußballfan?

Galgano: Das ist er. Er weiß auch, wer der FC Bayern ist. Er weiß, wie stark er ist. Ich gehe auch davon aus, dass er die Topspieler kennt.

ZEIT ONLINE: Wie viele Trikots hat er im Schrank hängen?

Galgano: Viele, fast einen ganzen Sportladen. Die meisten Trikots sind aus Argentinien. Vom Nationalteam und seinem Club aus San Lorenzo, bei dem er Ehrenmitglied ist. Fußballtrikots sind auf jeden Fall die Topgeschenke, die er regelmäßig auch von einfachen Menschen bekommt. Die werfen ihm solche Trikots oft zu.

ZEIT ONLINE: Was wird er als Argentinier zu Mario Götze sagen, der im WM-Finale das entscheidende Tor gemacht hat?

Galgano: Sicherlich was Lustiges. "Besser man hätte Sie nicht eingewechselt." Oder so etwas. Aber er hat das Resultat gefasst aufgenommen. Er ist nicht böse. Der Papst wird Mario Götze interessiert die Hand schütteln.

ZEIT ONLINE: Nicht alle Mitglieder der Bayern-Delegation sind Katholiken, manche nicht einmal Christen. Franck Ribéry ist Moslem. Kein Problem, oder?

Galgano: Nein, im Gegenteil. Das ist dann gleich ein schönes Diskussionsthema, die Religionen. Viele, die ihn besuchen, sind überhaupt nicht katholisch.

ZEIT ONLINE: Wird bei so einer Privataudienz auch gelacht?

Galgano: Der Papst ist ziemlich witzig.

Mario Galgano ist ein Schweizer Journalist bei Radio Vatikan. Der
34-Jährige veröffentlichte im vergangenen Jahr eine Biografie über
Papst Franziskus.

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