Vatikan
Franziskus plädiert zu Beginn der US-Reise für ein Ende der Umweltzerstörung – und zitiert den Helden der US-Bürgerrechtler.
Washington.Die Trommeln wirbeln, die Ehrenwachen stehen stramm. Ein gepanzerter SUV fährt vor, gefolgt von einem Auto, das in der an übergroße Geländewagen und gepanzerte Limousinen gewöhnten Haupstadt vor allem deshalb auffällt, weil es so klein ist. Der schwarze Fiat 500 mit dem Kennzeichen „SVC 1“ bleibt vor dem roten Teppich des Weißen Hauses stehen. Heraus klettert der 78-jährige Papst Franziskus, der am Dienstag nachmittag bei seiner Ankunft auf der „Andrews Air Force Base“ zum ersten Mal in seinem Leben einen Fuß auf US-amerikanischen gesetzt hatte.
Dass Franziskus mit seiner Alitallia-Maschine direkt aus Santiago di Cuba in die USA kam, war mindestens so sehr ein Zeichen wie die Wahl des Fahrzeugs für seinen sechstägigen Besuch in Washington, New York und Philadelphia.
Papst präsentiert sich als „Sohn eines Einwanderers“
Der Papst kam bei der Willkommenszeremonie vor 15 000 geladenen Gästen, die bei strahlendem Sonnenschein auf dem Südrasen des Weißen Hauses auf ihn warteten, auch verbal gleich zur Sache. „Als Sohn eines Einwanderers bin ich froh, Gast in diesem Land zu sein, das weitgehend von solchen Familien aufgebaut worden ist“, stellte sich Franziskus den Nachbarn im Norden vor. Ein unmissverständlicher Appell an diejenigen, die mit Migranten-Hetze und Grenzmauern bei den US-Präsidentschaftswahlen auf Stimmenfang gehen.
Ausdrücklich dankte Franziskus Gastgeber Barack Obama, „die Initiative ergriffen zu haben, die Luftverschmutzung zu reduzieren.“ Ohne Umschweife fügte der Papst hinzu, für wie dringlich er den Klimaschutz selber hält. „Der Klimawandel ist ein Problem, das wir nicht länger künftigen Generationen überlassen dürfen“. Damit lieferte er indirekt die Erklärung für die Wahl seines bescheidenen Autos nach.
Der Papst erinnerte daran, dass vor allem die Armen und Verletzlichen die Hauptlast des Raubbaus an der Schöpfung trügen. Er machte dafür Martin Luther King zu seinem Zeugen, als er aus dessen „Ich habe einen Traum“-Rede zitiert. „Wir haben einen Schuldschein nicht beglichen und jetzt ist die Zeit, unser Versprechen zu halten“. Franziskus sprach über „Millionen an Menschen, die in einem System leben, das sie übersieht“.
Die sanften auf Englisch vorgetragenen Worte des Oberhaupts der 1,2 Milliarden Katholiken ließen den ganzen Pomp schnell in den Hintergrund geraten, mit dem das Weiße Haus den Papst willkommen hieß: Die Ehrengarden, Militärkapellen, Fahnenmeere und unvergleichlichen Sicherheitsvorkehrungen, die zu seinem Schutz ergriffen wurden und den Verkehr in Washington lahm legten.
Franziskus: Obama hat „Türen zur Versöhnung aufgestoßen“
Franziskus dankte Obama dafür, Türen zur Versöhnung aufgestoßen zu haben. Ein unverhohlener Hinweis auf die Annäherung an Kuba und das Bemühen, einen Atomkompromiss mit dem Iran zu finden. Ausdrücklich forderte er mit Blick auf die globale Flüchtlingskrise „alle Männer und Frauen guten Willens“ in den USA auf, „die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft zu unterstützen, die verwundbarsten zu schützen.“ Er endete mit den Worten „God bless America“, die aus seinem Mund so klangen, dass damit nicht nur die USA, sondern der ganze Kontinent gemeint war.
Präsident Obama hatte den Papst zuvor als „lebendes Beispiel der Lehren Jesu“ auf dem Südrasen willkommen geheißen. Normaler weise sei der Hintergarten nicht so voll, scherzte der Gastgeber. Dass so viele Leute gekommen seien, zeuge von der Dankbarkeit der 70 Millionen amerikanischen Katholiken in den USA und spreche für die außerordentliche Persönlichkeit des Papstes.
Obama und der Papst zogen sich nach der Zeremonie zu einem Vier-Augen-Gespräch zurück. In der Mittagszeit erhielten die Einwohner Washingtons dann erstmals Gelegenheit, sich einen Eindruck des Besuchers zu verschaffen als dieser in seinem Papa-Mobil über einen Teil der National Mall fuhr.
Höhepunkt des Besuchs wird am Donnerstag die erste Rede eines Papstes vor dem US-Kongress sein. Am Freitag wollte er vor der Vollversammlung der Nationen sprechen. Zu Ende geht die Reise mit einem Gottesdienst beim Welttreffen der Familien in Philadelphia, zu dem 1,5 Millionen Menschen erwartet werden.
Kommentar
Franziskus fordert die Politiker heraus
Papst Franziskus kommt nicht als Politiker sondern als Pastor in die USA. Dass seine sechstägige Reise dennoch hochpolitisch wahrgenommen wird, zeigt wie...
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