Owen: "Man lernt einfach enorm viel"

Michael Owen schwelgt in Erinnerungen an ein Spiel gegen Argentinien. Allerdings nicht an das, woran die meisten Leser wohl jetzt denken. Die Partie, um die es geht, fand genau 369 Tage vor jenem unvergesslichen Lauf durch die argentinische Defensive statt, den der englische Ex-Nationalstürmer mit einem der schönsten Tore der FIFA WM 1998 in Frankreich krönte.

Nach den Worten Owens hätte es diesen herausragenden Spielzug in St. Etienne vielleicht gar nicht gegeben, wenn er nicht ein Jahr zuvor bei einem anderen Turnier unschätzbar wertvolle Erfahrungen gesammelt hätte.

Die besagte Partie gegen Argentinien fand am 26. Juni 1997 in Johor Bahru (Malaysia) statt - und wenn es je ein Spiel gegeben hat, das dem Anspruch der FIFA U-20-Weltmeisterschaft gerecht wurde, dann war es dieses. Denn das Versprechen, den Fans "heute schon einen Blick auf die Stars von morgen" zu ermöglichen, wurde bei jener Partie auf jeden Fall erfüllt. In der englischen Mannschaft standen Spieler wie Owen, Jamie Carragher, Danny Murphy und Kieron Dyer, denen auf argentinischer Seite Akteure wie Walter Samuel, Esteban Cambiasso, Juan Roman Riquelme und Pablo Aimar gegenüber standen.

Die Engländer hatten ihre Gruppe mit drei Siegen in Folge gewonnen und rechneten sich realistische Chancen auf den Turniersieg aus. Doch genau wie zwölf Monate später bei der A-Weltmeisterschaft scheiterten Owen und seine Mitspieler am südamerikanischen Erzrivalen.

"Ich erinnere mich noch sehr gut an dieses Spiel", so der frühere Stürmer vom FC Liverpool und Real Madrid gegenüber FIFA.com. "Mir hat dieses Turnier sehr viel Spaß gemacht, und bis zu dieser Partie war es für uns sehr gut gelaufen. Ich war in guter Form und hatte in der Gruppenphase bereits mehrere Tore erzielt. Die ganze Mannschaft machte einen sehr starken Eindruck. Doch Argentinien hatte ein wirklich herausragendes Team. Ich erinnere mich, dass Riquelme und Aimar ganz besonders beeindruckend spielten - und jeder weiß ja, was für Karrieren diese Jungs später gemacht haben. Zur Halbzeit lagen die Argentinier mit 2:0 in Führung. Jamie Carragher erzielte zwar ziemlich früh in der zweiten Halbzeit den Anschlusstreffer für uns, doch am Ende sollte es nicht reichen. Trotzdem habe ich sehr schöne Erinnerungen an dieses Turnier in Malaysia und es war alles andere als eine Blamage, gegen diese Mannschaft mit all ihren Talenten so knapp zu verlieren."

Argentinien schaltete im weiteren Turnierverlauf noch Brasilien, ,die Republik Irland und im Finale dann Uruguay aus und sicherte sich den Titel. Owen seinerseits reiste mit dem sicheren Gefühl aus Malaysia ab, nun besser als je zuvor auf die Herausforderungen des Profifussballs vorbereitet zu sein. Innerhalb der nächsten acht Monate feierte er sein Debüt in der A-Nationalmannschaft und wurde kurz darauf zum jüngsten Torschützen in der Geschichte der Three Lions (diesen Rekord hat ihm später Wayne Rooney weggeschnappt).

Dann kam die WM 1998 in Frankreich. Owen wurde zum besten jungen Spieler des Turniers gewählt, und während er mit seinen Leistungen die ganze Welt begeisterte, fühlte er sich weder überfordert noch überrascht. Denn seine Erfahrungen aus Malaysia hatten ihn "auf alles vorbereitet", wie er selbst sagte.

"Ich hatte das Gefühl, dadurch ein sehr solides Fundament zu haben", sagte Owen. "Als wir in Frankreich ankamen, fühlte ich mich dafür bereit. Natürlich ist eine WM mit der A-Nationalmannschaft eine ganz andere Kragenweite und das Interesse ist viel größer, aber man hat trotzdem das Gefühl, dass man zumindest im Groben weiß, was auf einen zukommt. Ich hatte seit der U-15 in jeder Altersklasse für England gespielt. Der Übergang in die A-Nationalmannschaft war damals einfach nur ein natürlicher Schritt auf meinem Weg. Davon war ich völlig unbeeindruckt. Ich hatte das Gefühl, dass ich meine Lehrzeit hinter mich gebracht hatte und dass ich durch Turniere wie die FIFA U-20-Weltmeisterschaft bestens auf die A-Weltmeisterschaft vorbereitet war. Und ich denke, dass ich ohne Übertreibung sagen kann, dass es tatsächlich so war. Ich konnte vom ersten Spiel in Frankreich an meine Leistung bringen und erlebte ein fantastisches Turnier. Ich fühlte mich einfach sofort in meinem Element."

Die Rolle, die die FIFA U-20-Weltmeisterschaft für den weiteren Verlauf von Owens Karriere spielte, sorgt bis heute dafür, dass er solche Nachwuchsveranstaltungen enorm schätzt. Er wird das Turnier in der Türkei daher mit großem Interesse verfolgen. Die Spieler dort können nach seinen Worten ein Turnier mit neuen Herausforderungen und unbezahlbaren Erfahrungen erwarten.

"Bei solchen Turnieren lernt man einfach enorm viel", so Owen. "Alles dreht sich darum, sich an neue Umstände zu gewöhnen, an Einsätze in der Nationalmannschaft, andere Länder, andere Temperaturen und Zeitzonen, andere Spielfelder und andere Spielweisen. Vieles davon ist ganz neu für die Spieler, aber genau das braucht man während der Entwicklung. Genau das sind die Erfahrungen, die einem solche Nachwuchsturniere vermitteln. Es wird sicher sehr interessant, welche Spieler aus diesem Turnier hervorgehen werden."

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