Scioli, Kandidat der „Front für den Sieg“ der scheidenden Staatschefin Kirchner, gewann zwar in der ersten Runde mit 36,86 Prozent der Stimmen. Aber der Vorsprung auf den konservativen Oppositionskandidaten Mauricio Macri beträgt 2,5 Prozent und ist weit von den zehn Prozent entfernt, die in Umfragen vorhergesagt wurden. Die Peronisten haben ihr schlechtestes Ergebnis seit 32 Jahren eingefahren. Am 22. November kommt es zur Stichwahl zwischen Scioli und Macri.
Die sicher geglaubte Präsidentschaft für Scioli scheint allerdings nun fast unerreichbar, da die Stimmen des Drittplatzierten Sergio Massa (21,34 Prozent) vermutlich zu großen Teilen zu Macri, dem Bürgermeister von Buenos Aires, wandern werden. Knapp zwei Drittel der Wähler haben am Sonntag gegen die Regierung und ihren blassen Kandidaten gestimmt. Vor vier Jahren hatte Kirchner bei ihrer Wiederwahl noch 54,1 Prozent der Stimmen geholt.
So ist die Niederlage Sciolis auch und vor allem die von Kirchner. Sie betrieb in den vergangenen Monaten eine absurde Politik. Einerseits setzte sie den von ihr nie geschätzten Scioli als Kandidaten ihrer Partei durch, legte ihm aber andererseits dann im Wahlkampf alle Steine in den Weg, die sie fand. Es war eine Politik der Selbstzerstörung, wie man nun weiß.
Ob Argentinien der Regierung nur einen Denkzettel verpassen wollte oder wirklich mit so großer Mehrheit einen Wandel will, wird sich in vier Wochen zeigen. Klar ist, dass die Menschen etwas anderes wollen als das, was ihnen die Regierungen „K“ von Néstor Kirchner (2003 bis 2007) und seiner Frau Cristina (2008 bis 2015) in den vergangenen zwölf Jahren angeboten haben. Wobei weniger soziale Projekte und die Unterstützung der Bedürftigen die Argentinier stören, als vielmehr das, was Kirchners nicht gemacht haben: die Korruption bekämpft, die Bedrohung durch organisierte Kriminalität ernst genommen, die Inflation in den Griff bekommen und die Wirtschaft auf ein nachhaltiges Modell getrimmt.
Macri steht als Neoliberaler für ein anderes Politikmodell. Der Unternehmer und Sohn einer der reichsten Familien des Landes verspricht, die Abschottung Argentiniens zu beenden, das Land „auf die Höhe der Zeit“ zu bringen. Vielen vor allem älteren Menschen klingt das sehr nach Carlos Menem, jenem Präsidenten, der in den 1990er-Jahren das Tafelsilber des Landes verscherbelte, die Wirtschaft an den Dollar koppelte und es so in die Katastrophe führte. Heute heißt das Globalisierung.