Nachfolge Cristina Kirchner: Argentinien wählt in Stichwahl neuen Präsidenten

Erstmals in der argentinischen Geschichte bestimmen die Wähler den Präsidenten in einer Stichwahl. Um die Nachfolge von
Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner konkurrieren der frühere
Vizepräsident Daniel Scioli und der Bürgermeister von Buenos Aires,
Mauricio Macri. Die derzeitige Regierung unterstützt den
58-jährigen Scioli. Jüngsten Umfragen zufolge liegt jedoch der 56-jährige Macri vorne. In der ersten Wahlrunde am 25. Oktober
hatte Scioli 37 Prozent der Stimmen erhalten, Macri 34 Prozent.

Das Ergebnis wird für den frühen Montagmorgen erwartet. Zur Stichwahl sind mehr als 32 Millionen Argentinier aufgerufen. In Argentinien gilt Wahlpflicht.

Die vergangenen Jahrzehnte waren in Argentinien von politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen geprägt. Das Land
schwankte zwischen linksgerichteten Populisten, die von Ex-Präsident
Juan Domingo Perón inspiriert waren, Befürwortern einer freien
Marktwirtschaft, die einst die Währung an den US-Dollar koppelten, und
einer brutalen Militärherrschaft in den Jahren 1976 bis 1983. Noch immer sind die
Argentinier vom Wirtschaftscrash in den Jahren
2001 und 2002 traumatisiert, viele Menschen verloren ihre Ersparnisse.  

Mit der Wahl gehen zwölf Jahre einer peronistischen
Regierung zu Ende – erst unter Néstor Kirchner und
anschließend unter dessen Witwe Cristina Fernández de Kirchner. Die
populistische Politik des Ehepaars hat Sozialprogramme für Arme
ausgeweitet und Argentinien mit
Linksgerichteten wie dem früheren venezolanischen Präsidenten Hugo
Chávez verbunden. Über viele Jahre wurde ein hohes Wirtschaftswachstum erzielt, doch in den vergangenen Jahren ist die Wirtschaft ins Stocken geraten und die Inflation hoch.

Daniel Scioli ist Kandidat der Regierungskoalition "Frente para la
Victoria" (Siegesfront, FPV). Politik macht er seit den 1990er Jahren. 2003 bis 2007 war er Néstor
Kirchners Vizepräsident, ehe er zum Gouverneur der Provinz Buenos Aires
bestimmt und 2011 wiedergewählt wurde. Er will die Wohlfahrtspolitik
Kirchners fortführen, dabei aber Korrekturen vornehmen, um die
Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen. 

Mauricio Macri ist Gründer der konservativen Partei "Propuesta Republicana"
(PRO), die für die Wahl eine Koalition mit der Zentrumspartei "Unión
Cívica Radical" gebildet hat. Er war bis in die 1990er Jahre als Unternehmer
tätig. Seit 2007 ist er Bürgermeister der Hauptstadt Buenos Aires und profilierte sich seitdem als Gegenpol zur
Regierung Cristina Kirchners. Macris Wahlkampf beruhte auf
Versprechen, große Reformen der Wirtschaft vorzunehmen
und gleichzeitig an wichtigen Sozialhilfeleistungen festzuhalten. Macri
sagt, er wolle das Land von der linksgerichteten Regierung Venezuelas
distanzieren. 

Der künftige Präsident muss sich vor allem um die schwierige wirtschaftliche Lage kümmern. Themen sind die hohe Inflation, der lange andauernde Streit mit amerikanischen Anleihengläubigern, die niedrigen Devisenreserven der
Zentralbank, das Haushaltsdefizit und das schwache Wirtschaftswachstum. Argentinien ist die drittgrößte Wirtschaftsnation Südamerikas.

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