Modeproduktion: Zara unter dem Verdacht der Zwangsarbeit

Eine argentinische NGO erhebt Vorwürfe gegen Zulieferer der Modekette. Angeblich fertigten sie in illegalen Nähereien. Zara dementiert.

In den Läden der Calle Florida brummt das Feierabendgeschäft. Mit großen Tüten bepackt drängen sich die Menschen durch die Fußgängerzone von Buenos Aires. Die Filiale der Modekette Zara dagegen: menschenleer. Ein Sicherheitsmann lässt langsam das schwere Metallrollo herunter und eilt ins Ladeninnere, bevor sich der Eingang gänzlich verschließt. Trommeln nähern sich, und Sprechchöre.  

"Zara ist ein Sklaventreiber", skandieren etwa 40 Demonstranten, darunter viele Frauen. Einige von ihnen sind Näherinnen, die früher in illegalen Klein-Fabriken, sogenannten Sweatshops, in der argentinischen Hauptstadt gearbeitet haben. Sie protestieren, weil die spanische Modekette Zara in Buenos Aires Kleidung in illegalen Nähereien produzieren lassen soll, in denen vor allem Einwanderer arbeiten und dort teilweise wie Sklaven behandelt werden.

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Die Demonstranten tragen einen Dieselgenerator heran, Lautsprecher und einen Projektor. Als Leinwand dient ihnen das heruntergelassene Rollo. Darauf projizieren sie, was ein Lockvogel im Auftrag der NGO La Alameda, die in Argentinien seit Jahren gegen Menschenhandel und illegale Fabriken kämpft, mit versteckter Kamera gefilmt hat. Getarnt als Arbeit suchender Schneider, bekam der Mann Zugang zu einem Sweatshop. Seine Aufnahmen zeigen das Innere eines mehrstöckigen Gebäudes, auf dem Boden liegen Stoffe und bereits fertig genähte, verpackte Ware, quer durch den Raum sind elektrische Kabel gespannt. Vier Pesos, etwa 60 Cent Lohn werden dem Schneider pro genähtem Stück angeboten. Ganz kurz hält der Lockvogel ein Paket hoch, darauf ein Lieferschein mit der Aufschrift "Zara Argentina S.A.". Auf Nachfrage bestätigt ein Arbeiter dem Lockvogel gegenüber, dass in der Fabrik auch für die Marke Zara genäht wird. 

In Argentinien ist der Mutterkonzern für die ganze Produktionskette verantwortlich

Kurz vor Ostern hatte La Alameda zum ersten Mal Vorwürfe gegen Zulieferer von Zara erhoben. Die NGO hatte die argentinischen Behörden auf illegale Nähereien aufmerksam gemacht, in einer davon wurden Etiketten von Zara gefunden. Diese Nähereien wurden kurz darauf von städtischen Inspektoren geschlossen. Nun steht erneut ein Verdacht im Raum. Eine Schneiderei des argentinischen Unternehmens Karina Kanaan SRL soll ein Auftraggeber der im Film gezeigten illegalen Textilwerkstatt sein und dort für Zara produzieren lassen. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, hätte das rechtliche Konsequenzen für das Zara-Mutterunternehmen Inditex, mit einem geschätzten Umsatz von knapp 16 Milliarden Euro in 2013 der größte Textilkonzern der Welt. Denn im Gegensatz zur rechtlichen Lage in vielen anderen Ländern trägt in Argentinien ein Unternehmen die "solidarische Verantwortlichkeit" für die gesamte Produktionskette.

Mittlerweile haben sich mehrere Dutzend Passanten zu den Demonstranten gestellt, um das Video zu sehen. Argentinische Fernsehsender drehen, ein chinesischer und ein russischer Sender haben ihre Korrespondenten geschickt. Mitten im Pulk steht Gustavo Vera. Der eher unscheinbare Argentinier ist Grundschullehrer. Als Argentinien im Herbst 2001 Staatsbankrott anmelden musste und Hunderttausende ihre Arbeit und ihr Einkommen verloren, tat sich Vera mit einigen Nachbarn zusammen und organisierte eine Suppenküche: La Alameda.

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