Dieter Pörschmann präpariert sein Rennrad für die am Sonntag in Mar Del Plata beginnende Weltmeisterschaft der Transplantierten.
(BILD: Hartmut Krimmer)
Zeitz.
Die Tour de France 2009 hat bei Dieter Pörschmann etwas ausgelöst. Damals besuchte der 58-Jährige in den Vogesen zum ersten Mal eine Etappe des berühmtesten Radrennens der Welt. „Ich war so beeindruckt von der ganzen Kulisse dort, dass dieses Erlebnis einen Schalter bei mir umgelegt hat“, sagt der Zeitzer. Er nahm sich daraufhin vor, den Gebirgsabschnitt ebenfalls mit dem Rad zu bestreiten und fing Anfang des Jahrs 2010 an, dafür zu trainieren.
Selbstverständlich war dieses Unterfangen für Dieter Pörschmann nicht ohne, denn er besitzt ein Handicap. Pörschmann ist zweifach herztransplantiert. 1999 bekam er zum ersten Mal ein neues Herz, dieses wurde 2005 abgestoßen. Es war zu schwach. Wieder wurde Pörschmann auf eine Spenderliste gesetzt. Schließlich bekam er zum zweiten Mal ein fremdes Organ transplantiert, doch diesmal dauerte die Genesung viel länger. Ein halbes Jahr lag Pörschmann im Krankenhaus. „Ich habe wirklich lange gebraucht, um wieder auf die Beine zu kommen. Körperlich und auch psychisch“, erklärt er. An Radfahren war damals noch nicht zu denken. Früher war er Leichtathlet und hat Fußball gespielt, Rad sei er nur sporadisch gefahren. Dass es richtige Wettkämpfe und sogar Welt- und Europameisterschaften für Transplantierte gibt, war Dieter Pörschmann nicht bekannt. „Ich wollte aber wieder unbedingt Sport treiben, das war drin in meinem Kopf“, sagt er. Im Internet habe er sich schließlich über Sport für Transplantierte informiert. „Diese ganzen Wettkämpfe waren interessant. Das wollte ich auch machen“, erzählt der Zeitzer.
EM-Titel 2012
Also schloss er sich dem Zeitzer Radsportverein Killerwade an, geht seitdem regelmäßig ins Fitnessstudio und trainiert auch zu Hause auf dem Spinning Bike. Im August 2010 wagte er sich dann an die Etappe in den Vogesen. Bei einem Urlaub mit Sohn und Frau nahm er die Bergstrecke auf sich. Langsam und mit Pausen, aber er hielt durch. „Ich war so stolz, es als Herztransplantierter geschafft zu haben“, meint Pörschmann. Für ihn ging es jedoch danach erst richtig los. Pörschmann trat dem Leipziger Verein für Herz-Lungen-Transplantationen (HLTX) bei und nimmt seit 2011 jährlich an den deutschen Meisterschaften für Transplantierte teil. 2012 folgte im niederländischen Apeldoorn seine erste Europameisterschaft der Herz- und Lungentransplantierten. Prompt holte er gleich den EM-Titel im Radfahren. Ein Jahr später nahm er zum ersten Mal an einer Weltmeisterschaft teil. In Durban in Südafrika war er aufgrund einer davor erlittenen Knieentzündung nicht fit, um das Radrennen zu bestreiten. So versuchte er sich in der Leichtathletik und holte über die 400 Meter Bronze. Beeindruckt zeigte sich Pörschmann damals von der Eröffnungsfeier. „Wir sind in eine große Halle mit Musik und einer Lichtshow eingelaufen, das kann man gar nicht beschreiben. So etwas zu erleben, ist ein unglaubliches Gefühl“, meint Dieter Pörschmann, der an diesem Sonntag dieses Gefühl wieder erleben wird. Dann werden im argentinischen Mar del Plata die Weltspiele der Transplantierten eröffnet. Hier wird Pörschmann seine zweite WM-Teilnahme erleben.
Freitagabend hat er sich mit seinem Sohn Hannes, der ihn nach Argentinien begleitet, und einem Teil der insgesamt 25-köpfigen deutschen Delegation am Flughafen in Frankfurt am Main getroffen. Zu später Stunde startete der Flieger direkt nach Buenos Aires. „Am Montag wird noch mal trainiert, Dienstag ist dann das fünf Kilometer lange Zeitfahren“, erklärt Pörschmann vor seinem Abflug am Donnerstagnachmittag, als er gerade eifrig damit beschäftigt ist, seine Sachen zu packen. Etwa 1 000 transplantierte Sportler aus Nationen aus aller Welt nehmen an den „World Transplant Games“ teil.
Es geht um mehr als den Sport
Der Ablauf des Turniers ähnelt dem von den Olympischen Spielen, denn es werden Wettkämpfe in verschiedenen Sportarten wie Radfahren, Leichtathletik, Golf oder Schwimmen ausgetragen. „Es ist richtiger Leistungssport“, meint Dieter Pörschmann, der am Mittwoch noch beim Straßenrennen über 20 Kilometer an den Start gehen wird. „Ich will jeweils vorne mit dabei sein, dazu gehört aber auch etwas Glück“, sagt er.
Für ihn geht es in Argentinien aber nicht nur um den sportlichen Erfolg, sondern ebenso darum, die Öffentlichkeit auf das Thema Organspende aufmerksam zu machen. Und auch das Zusammensein mit Menschen, die ein ähnliches Schicksal teilen, imponiert ihm. Schließlich sind alle Teilnehmer Transplantierte, egal ob Herz, Lunge, Niere oder Leber. „So ein Wettkampf ist eine tolle Möglichkeit zusammenzukommen und sich auszutauschen. Dabei entstehen auch Freundschaften“, erklärt Dieter Pörschmann. (mz)