New York/Buenos Aires (APA/dpa) - Die neue Regierung Argentiniens lässt ihrem Versprechen, den seit Jahren andauernden Anleihestreit zu lösen, Taten folgen. Ein Vermittler spricht von einem „historischen Durchbruch“. Doch es bleiben offene Fragen und einiges muss noch geregelt werden.
Erstmals seit Jahren scheint eine Einigung im Streit zwischen Argentinien und US-Hedgefonds um alte Staatsschulden greifbar nahe. Die neue Regierung bietet den klagenden Investoren 6,5 Milliarden Dollar (5,8 Mrd. Euro), wie der vom zuständigen New Yorker Bezirksgericht bestellte Vermittler Daniel A. Pollack in der Nacht zum Samstag mitteilte. Er habe sich in der vergangenen Woche mit hochrangigen Vertretern beider Seiten getroffen und es seien „enorme Fortschritte“ gemacht worden.
Allerdings blieb zunächst unklar, wie die wichtigsten Investoren die Offerte bewerten. „Wir kommentieren zum jetzigen Zeitpunkt nicht“, sagte ein Sprecher des Hedgefonds Aurelius Capital. NML Capital aus dem Imperium des US-Milliardärs Paul Singer, ebenfalls eine führende Kraft in dem Verfahren gegen Argentinien, war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Bei dem Angebot müssten die Gläubiger Abstriche in Höhe von über 25 Prozent an den ursprünglichen Forderungen von insgesamt mehr als neun Milliarden Dollar (8,03 Mrd. Euro) machen.
Die strittigen Anleiheschulden stammen aus der Staatspleite von Ende 2001. Die Hedgefonds und einige andere Investoren hatten die folgenden Umschuldungsangebote Argentiniens - anders als 93 Prozent der Gläubiger - ausgeschlagen und auf volle Rückzahlung geklagt. Der US-Bezirksrichter Thomas Griesa urteilte 2014 gegen Argentinien und verfügte, dass das Land die Schulden begleichen muss, bevor es weiter andere Staatsanleihen bedienen kann. Der Fall wird in New York verhandelt, weil die Papiere einst unter US-Recht ausgegeben wurden, um sie an den Finanzmärkten attraktiver zu machen.
Die argentinische Regierung unter der damaligen Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner hatte sich stets geweigert, ernsthaft mit den von ihr als „Aasgeier“ geschmähten Fonds zu verhandeln. Durch den Zahlungs-Boykott war die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas aber weitgehend von den internationalen Kapitalmärkten abgeschnitten. Die seit Dezember amtierende Regierung des neuen Staatschefs Mauricio Macri zeigte sich von Anfang an kompromissbereit. Nun spricht Vermittler Pollack bereits von einem „historischen Durchbruch“.
Doch Macris Regierung muss eine mögliche Einigung mit den Gläubigern im Parlament durchbringen, was angesichts der Mehrheitsverhältnisse seiner Koalition kein Selbstläufer ist. Macri berief beide Parlamentskammern zu außerordentlichen Sitzungen ein. Sie sollen vom 11. Februar an tagen. Auch Richter Griesa müsste zustimmen. Argentinien hat das Angebot unter die Bedingung gestellt, dass er das Verbot des Schuldendienstes bei anderen Gläubigern aufhebt.
Argentinien war nach Griesas Urteil von Ratingagenturen als technisch zahlungsunfähig eingestuft worden, was die Kreditwürdigkeit des Landes noch weiter ramponiert hatte. Für die als „Holdouts“ bezeichneten Investoren um NML und Aurelius wäre das jetzige Angebot deutlich besser als das, was die restlichen Gläubiger bei den bisherigen Umschuldungen der Jahre 2005 und 2010 erhalten hatten. Sie mussten über 70 Prozent abschreiben. Zwei der insgesamt sechs Fonds - die Investoren Montreux Partners und Dart Management - sollen das neue Angebot bereits akzeptiert haben. Am Dienstag hatte sich Argentinien bereits mit einer Gruppe italienischer Gläubiger auf die Rückzahlung von über einer Milliarde Dollar geeinigt.
Die Staatspleite Argentiniens betraf einen Schuldenberg von rund 100 Milliarden Dollar. Sie hatte auch für zahlreiche Sparer in Deutschland Folgen, die sich hohe Renditen von den Schuldverschreibungen versprochen hatten. Der Fall hatte durch Klagen von Anlegern gegen ihre Bankberater Aufsehen erregt, die sich wegen Falschberatung hatten verantworten müssen. Die meisten Anleger gingen jedoch auf die Umschuldungsangebote ein und nahmen massive Verluste in Kauf. Argentiniens alte Regierung beschuldigte NML und Aurelius, Anleihen zu Schleuderpreisen gekauft zu haben, die wegen des hohen Ausfallrisikos bereits rapide an Wert verloren hatten.