Von David Weber
Es ist warm, und Marcos Rodriguez (31) aus Argentinien sitzt zusammen mit dem Algerier Karim Ould Ahmed (35) und der Senegalesin Adama Djitte (31) im Schatten des Tribünendachs. Auf der Laufbahn des Universitätsstadions trainiert eine Gruppe von Sportstudenten, dahinter der grüne Rasen, im Rücken das Berno-Wischmann-Haus. Kein Neuland mehr für die kleine Gruppe. Seit 14 Monaten sind die drei Leichtathletiktrainer in Mainz. Man hat sich an das Leben in Deutschland gewöhnt. Klar, das Essen aus der Heimat vermissen die drei nach wie vor, Rodriguez vor allem das argentinische Fleisch, das in Deutschland so viel teurer und dazu noch schlechter ist. Dass die Leute hier warten, bis die Ampel grün wird, hatte er sich vorstellen können. Man hört es ja auf der ganzen Welt, dass die Deutschen so gut organisiert sind. „Aber dass auch keiner geht, wenn niemand zu sehen ist, kein Auto, kein Kind, finde ich bis heute unglaublich“, sagt Rodriguez.
Heute offizieller Abschied
An diesem Dienstag verabschiedet die Auslandstrainerschule des Deutschen Leichtathletik Verbands (DLV), eine vom Auswärtigen Amt finanzierte Institution, ihren 35. Jahrgang. Die neuen Stipendiaten sind schon da, bereiten sich seit zwei Monaten in Deutschkursen auf die neue Herausforderung vor. „Der Zusammenhalt untereinander ist auffallend“, sagt Karin Scott. Sie kümmert sich hier um alles, was nicht in den Bereich der Trainingslehre fällt. Die ersten Besuche beim Arzt oder bei der Bank. „Viel geben die Stipendiaten aber auch untereinander weiter, der alte Jahrgang zeigt dem neuen, wie das hier abläuft“, erklärt Scott. Für die Ausbildung sind Dozenten von der Universität zuständig. Leiter des Studienkurses ist Dr. Werner Steinmann. Der diesjährige Jahrgang ist der beste in der Geschichte der Auslandstrainerschule: Nie gab es bessere Noten, Karim Ould Ahmed, der Klassensprecher, hat die Rekordpunktzahl von 5920 von 6000 möglichen Punkten erzielt. Für die nächste Periode haben knapp 150 Kandidaten aus – nach dem Terminus des Auswärtigen Amts – Ländern der Dritten Welt, ihre Bewerbungen eingereicht. Nur zwölf können in jedem Jahr genommen werden. Zur Freude von Scott bewerben sich auch immer mehr Frauen.
Im 35. Jahrgang waren alleine aus dem Senegal zwei dabei: Adama Djitte bekam einen Monat nach ihrer Schwester die Zusage, weil eine andere abgesagt hatte. Eine Ausnahme: Ansonsten sind die Nationen immer bunt gemischt, Ould Ahmed ist der erste Algerier in Mainz, auch Dschibuti hat in diesem Jahr sein Debüt an der Trainerschule gefeiert. „Der Kontakt mit diesen vielen unterschiedlichen Kulturen, das ist etwas, das ich nie vergessen werde“, sagt Marcos Rodriguez.
Bald zurück in die Heimat
Bald fliegen sie alle wieder zurück: Rodriguez nach Buenos Aires, Djitte nach Dakar, Ould Ahmed nach Algier. Der Argentinier freut sich schon auf die besondere Marmelade, die es in Deutschland nicht gibt. Djitte, die nicht nur Leichtathletin, sondern auch Fußball-Schiedsrichterin ist (die AZ berichtete), wird ihren Freunden und Verwandten von ihrem letzten Geburtstag erzählen, Ende November, als sie in Drais ihr erstes Spiel pfiff und wegen der „furchtbaren Kälte“ fünf Minuten brauchte, um ihre Schnürsenkel zu binden. Und Ould Ahmed hat es besonders eilig: Als er ging, war gerade seine erste Tochter geboren. „Wir haben viel diskutiert“, erzählt der 31-Jährige. „Aber wir müssen in die Zukunft schauen. Und so eine große Gelegenheit kommt vielleicht nur einmal im Leben“.