Macris Sieg als "Niederlage des peronistischen Modells"

Vertraute der scheidenden Präsidentin Fernández de Kirchner besetzen weiterhin Schlüsselpositionen im Staat

Der Wahltag verlief ruhig und mit hoher Beteiligung – ein Zeichen demokratischer Reife trotz eines stark polarisierten Umfelds. Wie erwartet wurde am Sonntag ein Machtwechsel eingeläutet: Der bürgerlich-liberale Unternehmer Mauricio Macri setzte sich mit 51,8 zu 48 Prozent gegen den Kandidaten der regierenden Peronisten, Daniel Scioli, durch. Dieser räumte seine Niederlage rasch ein: "Ich habe mein Bestes gegeben, aber der Wandel hat gesiegt. Hoffentlich erleuchtet Gott Macri, damit er den richtigen Weg findet und die sozialen Errungenschaften nicht über Bord wirft."

Macri versprach, mit allen politischen Kräften in Dialog zu treten. Er habe kein Patentrezept, strebe aber ein modernes Land an, in dem alle Platz haben und gemeinsam das Land fortentwickeln können.

Der Sieg Macris wird ergänzt durch zahlreiche weitere Erfolge. So konnte seine Allianz "Cambiemos" auch die Hauptstadt sowie die bevölkerungsreichste und wirtschaftsstärkste Provinz Buenos Aires erobern. Der regierungskritische Autor Marcos Aguinis schrieb in La Nación, Macris Sieg sei die "Niederlage des peronistischen Modells, dessen Kern die Anhäufung von Macht und Geld ist". Argentinien brauche professionelle Institutionen, die nicht für Politik missbraucht würden – und eine unabhängige Justiz.

Die Liste der anstehenden Reformen ist lang. Ob der knappe Vorsprung Macris dafür ausreichend Legitimität verschafft, muss sich weisen. Die protektionistische, staatsdirigistische Wirtschaftspolitik seiner Vorgängerin Cristina Fernández de Kirchner ist an ihre Grenzen gestoßen. Devisenverkehrskontrollen behindern Investoren und führten zu einem blühenden Peso-Schwarzmarkt.

Argentinien hat als Spätfolge seiner Pleite von 2002 noch immer einen Prozess der Hedgefonds am Hals, der die Rückkehr auf die internationalen Kreditmärkte behindert. Die nachlassende Nachfrage Chinas nach Commodities – darunter Soja und Mineralien, zwei der wichtigsten Exportprodukte Argentiniens – hat die Staatsfinanzen in die roten Zahlen rutschen lassen. Das Haushaltsdefizit liegt zwischen fünf und sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Schrumpfendes BIP

Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet in diesem Jahr mit einer Schrumpfung des BIP um 0,3 Prozent bei einer Inflation von geschätzten 20 Prozent. Verstaatlichungen von Bahn, Rentenfonds, Wasser- und Stromversorgung, der Fluglinie Aerolineas und des Energiekonzerns YPF lasten zudem auf dem Budget, denn die meisten der Dienstleistungen sind hoch subventioniert.

Viel Fingerspitzengefühl wird Macri brauchen, denn die Peronisten regieren weiterhin die meisten Provinzen und kontrollieren den Kongress. In den vergangenen Monaten hat die scheidende Präsidentin außerdem Schlüsselposten wie die Zentralbank, den Generalstaatsanwalt, die Vorsitzenden der Medienkontrollbehörde und des Rechnungshofs mit Vertrauten besetzt, die zum Teil nur per Amtsenthebungsverfahren und Zweidrittelmehrheit abgesetzt werden können.

Hinzu kommt ein psychologischer Faktor: Erfolgreich gegen die Peronisten zu regieren, das ist seit der Rückkehr zur Demokratie noch keinem Staatschef geglückt. Sowohl Raúl Alfonsin als auch Fernando de la Rúa traten inmitten schwerer Wirtschaftskrisen und – von den Peronisten angeheizter Unruhen – zurück. (wss, 23.11.2015)

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