Kuscheltiere im Kuckucksnest

Wir kommen uns wie Zwerge vor in dem mannshohen, taunassen Gras. Wenn wir auf Basaltsteinplatten treffen, ist das Vorwärtskommen einfacher. Sie durchziehen das Gebiet teilweise. Und immer wieder finden sich kleinere Mateteeanpflanzungen in der Wildnis. Die Bauern schützen die kleinen Teepflänzchen mit einem Sperrholzstück. Eine runde Fläche um die Triebe wird von Vegetation frei gehalten. Wir geben acht, dass wir die Plantage nicht beeinträchtigen. Am Horizont zeichnen sich die Schirme der urtümlichen Araukarien ab. 

Patricio Ramirez und ich sind seit frühmorgens im argentinischen Bundesstaat Misiones beim Dorf San Pedro in der Wildnis unterwegs. Die Sonne steigt schnell, sodass wir bei unserem Aufstieg vom Flusslauf her ins Schwitzen geraten. Oben gelangen wir zu einer verlassenen Hütte einer armen Familie, die wohl zeitweise in dem offenen Bretterverschlag wohnt. Wenig davon entfernt flattern plötzlich lustige Vögel mit struppig wirkendem Gefieder in einen kahlen Strauch. Sie schlagen zuerst mit ihren Flügeln und lassen sich dann ein Stück weit gleiten. Ihr leises Schnarren erregt zusätzliche Aufmerksamkeit. Es handelt sich um einen Trupp Guirakuckucke. 

Sie treten immer in Gruppen auf. Es scheint, als hätte ein Vogel eine Heuschrecke erbeutet. Er sitzt in der Sonne, plustert sein Gefieder auf und lässt seine Beute zuvorderst im Schnabel zappeln derweil die anderen Angehörigen des Trupps wie Blüten überall im kahlen Strauch auf den äussersten Ästen sitzen und ihr Gefieder von der morgendlichen Sonne bescheinen lassen. 

Kein typisches Kuckucksverhalten
Östlich der Anden kommt der Guira­kuckuck in offenen Grassavannen, die immer wieder von Palmenhainen und Flusswäldern unterbrochen werden, in vielen Teilen vor. Ich erinnere mich an eine Beobachtung vor vielen Jahren in Brasilien. Ich hielt mich damals im Bundesstaat Piaui im trockenen Nordosten auf und war begeistert von Hyazinth- und Dunkelroten Aras, die im Gebiet lebten. Auch Riesentukane sandten ihre trompetenden Schreie am Morgen früh über die einsamen Weiten des Landes mit den roten Tafelbergen im Hintergrund. Da war es auch, als ein Trupp der lustigen Guirakuckucke wie jetzt in Argentinien auf einen unbelaubten Baum flog, die Vögel ihr Gefieder sträubten, zueinanderhüpften, Zärtlichkeiten austauschten und schon bald weiterflatterten. Besonders lustig fand ich die Hauben, die immer wieder gesträubt wurden.

Guirakuckucke sind sehr soziale Tiere, leben darum in Gruppen und brüten auch zusammen. Sie errichten Gruppennester, in denen sie ihre glänzend grünlich blauen Eier gemeinschaftlich selbst während zehn bis 15 Tagen bebrüten. Sie betreiben also nicht, wie es ihre Zugehörigkeit zu den Kuckucken suggerieren könnte, Brutparasitismus. Die Jungen werden anschliessend von allen Gruppenmitgliedern gefüttert und fliegen im Alter von 15 Tagen aus. 

In zoologischen Gärten oder Vogelparks, wo meist ganze Trupps gehalten werden, kann man das gemeinsame Kuscheln der Vögel beobachten. Auch 2012, an der Ausstellung des Sing- und Ziervogelvereins Sursee, konnte das beobachtet werden, als Mitglied Peter Schmid seine Guirakuckucke ausstellte. Sie kuschelten sich ineinander, sodass man Mühe hatte festzustellen, wie viele Vögel da nun sassen. Diese Kontakthaltung im Schwarm soll der Regulierung ihrer Körpertemperatur dienen. 


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