Kursfeuerwerk in Buenos Aires – NZZ.ch, 17.12.2012

Nach einem bisher schlechten zweiten Halbjahr hat die Börse von Buenos Aires vergangene Woche zu einer fulminanten Aufholjagd angesetzt. Der Merval-Index schloss am Freitag mit 2696,98 Punkten, was 8,75% über dem Schluss der Vorwoche liegt. Erstmals seit acht Monaten steht er damit wieder klar über dem Stand zu Jahresbeginn (+5,0%). Gegenüber dem Tiefststand der zweiten Jahreshälfte vom 22. November hat er gar 20,3% gutgemacht.

Abgesehen von negativen Einflüssen aus dem internationalen Umfeld hatten vor allem zwei Ereignisse in den letzten Monaten auf dem argentinischen Finanzmarkt Unsicherheit ausgelöst, einerseits die Gefahr einer technischen Zahlungsunfähigkeit Argentiniens gegenüber Gläubigern mit umgeschuldeten Staatsanleihen und andererseits eine Gesetzesvorlage der Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner, die auf eine verstärkte Kontrolle des Kapitalmarktes durch die Regierung abzielt.

Nachdem ein Bundesrichter in New York am 21. November angeordnet hatte, dass Argentinien vor der am 15. Dezember fälligen Zahlung an die Gläubiger, die ihre Staatspapiere umgeschuldet haben, die Umschuldungsverweigerer bezahlen müsse, drohte akut ein neuer Zahlungsausfall. Fitch stufte deshalb die Bonität Argentiniens von «B» auf «CC» herab. Inzwischen hat aber das Appellationsgericht die Verfügung des Richters temporär aufgehoben und den Parteien eine Frist bis zum 27. Februar gegeben, um ihre Argumente darzulegen. Argentinien bezahlte am Freitag die geschuldete Summe von rund 3,5 Mrd. $ pünktlich. Das Kapitalmarktgesetz andererseits wurde kürzlich verabschiedet. Es schwächt die Rolle der Börse und ermöglicht etwa, dass die Regierung in Unternehmen zugunsten der Minderheitsaktionäre interveniert. Der Präsident der Börse hat aber dieser Tage signalisiert, dass er mit der Reform einverstanden sei.

Besonders stark legten am Freitag die Aktien der im April teilverstaatlichten Erdölgesellschaft YPF zu (+9,5%). Hintergrund sind Spekulationen, wonach Petrobras seine Aktiven in Argentinien an YPF verkaufen wird. Der Erdölkonzern legte letzte Woche auch erfolgreich Bonds mit einjähriger Laufzeit für kleine Investoren auf, die mehr als doppelt überzeichnet wurden. Die argentinische Wirtschaft hat sich in den letzten Monaten weiter abgekühlt. Für September geben die provisorischen Daten der Regierung gegenüber demselben Monat im Vorjahr noch ein Wachstum von 0,1% an. Für die ersten neun Monate 2012 liegt die Wachstumsrate bei 2,1% (BIP-Wachstum 2011: 8,9%). Da die Regierung die Inflation massiv unterbewertet, gehen Beobachter davon aus, dass das reale Wachstum noch geringer ist. Argentinien dürfte sich somit am Rande einer Rezession bewegen. Für 2013 werden die Aussichten eher wieder leicht besser bewertet. Beobachter rechnen mit einer guten Sojabohnen-Ernte und hohen Preisen im nächsten Jahr. Auch wird davon ausgegangen, dass die Nachfrage nach argentinischen Autos in Brasilien, dem bei weitem wichtigsten Markt, zunehmen wird. Die Produktion der Automobilindustrie ist im Oktober bereits wieder deutlich gestiegen.

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