Kunst und Macht "Eva-Argentina" auf der Biennale in Venedig


'Eva-Argentina. Una metafora contemporanea'

Installation von Nicola Costantino im zweiten Raum des argentinischen Pavillons auf der 55. Biennale von Venedig. Das Bett signalisiert es klar: Die argentinische Künstlerin will die Privatperson Eva Peron zeigen.

María Eva Duarte de Perón, vom Volk als Königin der Armen und "Evita" gefeiert und im gleichnamigen Musical mit Madonna als spektakuläre Ikone verherrlicht, lässt auch heute, 61 Jahre nach ihrem frühen Tod, noch die Emotionen hochkochen. Die einen vergöttern sie als argentinische Nationalheilige, weil sie für die Rechte der Besitzlosen, "der Descamisados" (hemdlose) und die politischen Rechte der Frauen gekämpft hat. Die anderen kritisieren die Präsidenten-Gattin, weil sie im Radio für Peróns Sache Propaganda machte und auch sonst das zuweilen diktatorische Regime von General Juan Perón - Beschränkung der Pressezensur, Bespitzelung und Inhaftierung von politischen Gegnern - rückhaltlos unterstützte.

Eva Perón - ganz privat

Die argentinische Künstlerin Nicola Costantino, die in diesem Jahr auf der Biennale in Venedig den argentinischen Pavillon bespielt, hat sich Eva Perón zum Thema ihrer Installationen gemacht, will aber die öffentliche Rolle der First Lady ausblenden, weswegen sie ihre Installation auch schlicht: "Eva-Argentina" nennt.

"Ich versuche ihr ein neues Leben zu geben, weil ich denke, es git einen großen Reichtum in dieser Figur. Wir können darin viele Metaphern über Sie und ihr Leben finden. Ich versuche mit den Mitteln zeitgenössischer Kunst etwas zu schaffen, das weder politisch ist noch spektakulär wie etwas das Musical 'Evita''."

Nicola Costantino in dem Beitrag von Astrid Mayerle, Bayern 2 Kulturjournal, 7. Juli , 18.05 Uhr.

Nicola wird Eva




Nicola Costantino zeigt eine zu 10 % aus eigenem Frett hergestellte Seife

Um sich der Person, die es in den 1940er-Jahren in Argentinien von einem Bauernmädchen zur Sängerin, Radiomoderatorin, Schauspielerin und schließlich zur Präsidentengattin brachte, zu nähern, imaginiert Costantino ihre Eva in ihren Gemächern: etwa in ihrem Schlafzimmer, wo sie sich gerade für ihren Auftritt präpariert, sich anzieht und kämmt. Genauer gesagt schlüpft die Künstlerin - wie schon bei ihren früheren Werken und Installationen - selbst in die Rolle der Dargestellten. Sie hat das legendäre weiße Dior-Kleid nachfertigen lassen, in dem Eva Perón in der Oper glänzte, und trägt dieses Kleid selbst. Sie kämmt sich als Eva vor dem Spiegel das hüftlange Haar und zeigt das Video dieser Selbstinszenierung, mit der sich Eva immer neu erfand.

Raum drei - HeldInnenkult

Die drei Videos im dritten Raum des Pavillons zeigen unter dem Titel: "Leben, Tod, Auferstehung" Videos von der "echten" Eva Perón und ihrem Nachleben als argentinische Kultfigur auf Briefmarken, Postkarten und allerlei Nippes. Dass es sich hier nicht um einen ironischen Abschluss des Kunstwerks von Costantino handelt sondern um die staatliche Ergänzung und Korrektur des Eva-Images der Künstlerin, steht nirgends. Allein der Aufseher weist darauf hin, und im Biennale-Katalog hat auch der Sermon der Cristina Fernandez über Evita Vorrang vor der Besprechung des Werks "Eva Argentina".

Diese Instrumentalisierung der Kunst wirft Fragen auf, etwa danach, wie Künstlerin und Kurator zu diesem staatlichen Eingriff stehen. Dass diese Ergänzung so reibungslos möglich ist, macht aber umgekehrt auch dieses Werk Costantinos suspekt. Es sieht ganz so aus, als könne man sich Eva Perón eben nicht - wie die argentinische Künstlerin versucht - unabhängig von ihrer politischen Rolle und Geschichte nähern.

Nicola Costantiono




Nicola Costantino

1964 in Rosario geboren, studierte Nicola Costantino Kunst in Rosario, Buenos Aires und Houston, Texas. Als Heranwachsende interessierte sie sich für die Schneider- und Design-Künste ihrer Mutter, die sie dann als Künstlerin transformierte: Sie machte Körperabgüsse von Tieren und Menschen, ließ sie in Plastik gießen und machte daraus extravagante Taschen und andere Objekte. Sie entwarf Haute Couture-Kleider, verwendete aber synthetisches Ledert, das mit Brustwarzen, Nabeln und anderen intimen Körperabdrücken geprägt ist.

In ihren neueren Foto- und Video-Installationen inszeniert sich die Künstlerin verfremdet immer wieder selbst, stehend zwischen zwei Rinderhälften im Schachthaus, für Seife werbend als Badenixe und als werdende und frische Mutter - unterkühlt, buchstäblich im Kühlraum mit Baby.

Im Hatje Cantz Verlag ist jetzt ein Katalog ihrer Arbeiten der vergangenen 20 Jahre erschienen: Nicola Costantino, 218 Seiten, 102 Abb.

Kunst und Macht. Eindrücke von der Biennale in Venedig von Astrid Mayerle . Sie hören den Beitrag Sonntag, 7. Juli 18.05 Uhr im Kulturjournal auf Bayern 2.

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