kolumneFreytags-Frage: Ist Argentinien ein Opfer von Aasgeiern?

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Kolumne von Andreas Freytag

In dieser Woche hat der Supreme Court denjenigen Investoren um den Hedgefonds NML Capital Recht gegeben, die die argentinische Regierung auf Rückzahlung ihrer Anleiheschulden verklagt haben.

Nach jahrelangem Rechtsstreit muss die argentinische Regierung nun bis Ende Juni diesen Jahres, als innerhalb von 10 Tagen von heute an, die Summe von 900 Millionen US-Dollar zahlen. Insgesamt geht es um 1,5 Milliarden US-Dollar. Ende 2001 war der argentinische Staat insolvent. Als Reaktion darauf beschloss die argentinische Regierung damals kurzerhand, die Schulden nicht mehr zu bedienen. Es wurde danach in zwei Umschuldungsaktionen 2005 und 2010 den Anlegern ein anderes, abgewertetes Staatspapier mit deutlich niedrigeren Zinsen angeboten.

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Der Großteil der Anleger hat sich damit abgefunden, denn die Alternative war der Totalverlust. Die Mühen eines Rechtsstreits waren den meisten Anlegern zu hoch. Von einem fairen Verfahren konnte nicht die Rede sein. Es handelte sich sozusagen um ein Angebot, dass man nicht ablehnen konnte.

Einige haben es doch abgelehnt, nämlich die oben genannte Investorengruppe. Von ihnen fühlt sich die argentinische Präsidentin, Frau Kirchner nun erpresst. Hat sie dafür einen Grund?

Sie hat keinen Grund. Eher muss sie sich fragen lassen, wieso Argentinien überhaupt in die Pleite gehen konnte und selbst nach einem Schuldenschnitt wieder in immense finanzielle Schwierigkeiten gerät, dass auch jetzt wieder ein Staatsbankrott von den Marktbeobachtern für wahrscheinlich erachtet wird. Die Antwort ist recht eindeutig und liegt in der Fiskalverfassung Argentiniens. Die Zentralregierung muss für die Schulden der Provinzen einstehen. Dadurch haben diese einen sehr geringen Anreiz zur Sparsamkeit, wenn überhaupt. Sie häufen Schulden auf, die dann von der Zentralregierung übernommen werden müssen. Wir kennen dieses Verhalten aus Berlin und Saarbrücken, wenn auch in etwas kleinerem Maßstab.

Hedge-Fonds
Argentinien muss zahlen

Argentinien muss 1,3 Milliarden Dollar an US-Investoren zahlen. So urteilte der Oberste Gerichtshof der USA und damit einen Berufungsantrag im Prozess um ausstehende Auslandsschulden abgelehnt.

In der Vergangenheit, das heißt seit den 1950ern bis 1990 hat die argentinische Regierung – und zwar unabhängig von der Regierungspartei oder vom politischen Regime – dieses Problem mit der Notenpresse zu lösen versucht. Die Folgen waren eine Inflation in der Höhe bis zu 3500 Prozent, die Verarmung breiter Bevölkerungsanteile, Konflikte und eine dennoch chronische Haushaltsschwäche. 1991 gab es eine Abkehr von der Politik der Hyperinflation und eine durchdachte Wirtschaftspolitik, die etwa ein Jahrzehnt lang den nationalen und internationalen Marktteilnehmern Vertrauen einflößte und die Wirtschaft wieder wachsen ließ.

Leider wurde das fiskalische Grundproblem nicht gelöst, sodass es 2000 zur erneuten Krise kam.

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