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Buenos Aires/Wien. "Es geht nicht, dass jemand, der aus Österreich Ski exportiert, im Gegenzug Zitronen oder Fleisch importieren muss." Die argentinischen Importbeschränkungen stoßen bei Bundespräsident Heinz Fischer auf Unverständnis. Auf Besuch in der Hauptstadt Buenos Aires, suchte er seine argentinische Amtskollegin Cristina Fernandez de Kirchner dieser Tage zu einem Einlenken zu bewegen, stieß allerdings auf taube Ohren.
Argentinien befindet sich in der misslichen Lage, zwar im Vergleich zu Europa eine relativ geringe Staatsschuld zu haben, jedoch kaum über die nötigen Devisen zu verfügen, um diese zurückzuzahlen. Die Regierung hat daher zu ungewöhnlichen Maßnahmen gegriffen: Wer nach Argentinien exportieren will, muss dafür argentinische Waren importieren. Das hat in der Vergangenheit schon zu eigenartigen Konstellationen geführt: Für jeden importierten Porsche mussten etwa im Gegenzug hunderte Liter argentinischen Weins nach Deutschland verkauft werden.
Argentinien steht mit 140 Milliarden Euro in der Kreide, was sogar in absoluten Werten unter jenen Österreichs liegt (230 Milliarden). Gemessen am BIP liegt Österreich mit 75 Prozent Staatsschuldenquote international an 32. Stelle, Argentinien mit 41 Prozent an 83. Die Schulden beim Internationalen Währungsfonds sind längst getilgt und für das Jahr 2013 stehen vorerst nur Zahlungen in Höhe von 4,6 Milliarden Dollar an.
Schuldenschnitt hängt
bis heute nach
Dass das wegen Devisenmangels trotzdem zu einer Herausforderung wird, hängt nicht zuletzt mit dem begrenzten Vertrauen zusammen, das Investoren in die Anlagesicherheit in dem lateinamerikanischen Land haben. Diese Unsicherheit wiederum ist unter anderem in einer radikalen Maßnahme begründet, die überhaupt erst zu der niedrigen Schuldenlast geführt hat: 2004 hatte Argentinien seinen Gläubigern einen Kapitalschnitt von 60 bis 70 Prozent vorgeschlagen, worauf etwa drei Viertel von ihnen - einen Totalausfall befürchtend - auch eingingen.
Diese Aktion hängt dem Land bis heute nach. Denn einer, der nicht auf den Deal eingegangen war, ist der amerikanische Hedgefonds-Milliardär Paul Singer. Just zur ärgsten Krisenzeit hatte sich sein Fonds billigst mit den vom Ausfall bedrohten Anleihen eingedeckt, in der Hoffnung sie irgendwann doch noch zum vollen Preis abstoßen zu können. Eine Strategie, die vor kurzem durch einen bundesrichterlichen Entscheid in New York unterstützt wurde: Er verurteilt Argentinien dazu, die zehn Jahre alte Schuld in Höhe von einer Milliarde Euro zu begleichen. Präsidentin Kirchner erklärte jedoch, nicht einen Cent an die "Aasgeier" zahlen zu wollen. Womit die nächste Staatspleite in Aussicht gestellt ist. Die Ratingagentur Fitch hat bereits darauf reagiert und die Kreditwürdigkeit des Landes um fünf Stufen herabgesetzt. Die Note "CC" bedeutet ein sehr hohes Risiko - ein wie auch immer gearteter Kreditausfall erscheint wahrscheinlich.
Repsol fordert acht Milliarden Euro
Trotzdem hat das amerikanische Urteil wohl auch die spanische Erdölfirma Repsol dazu animiert, Argentinien nach sieben Monaten des Schweigens auf Entschädigung zu klagen. Beim Schiedsgericht der Weltbank fordert Repsol acht Milliarden Euro wegen der Verstaatlichung von Anteilen im April, die der Konzern am argentinischen Mineralölunternehmen YPF hielt. Argentinien sicherte sich damit eine Mehrheit von 51 Prozent, Repsol blieben 7.
Immerhin kann sich das Unternehmen derzeit damit trösten, durch Produktionssteigerungen in Libyen und Bolivien sowie bessere Zahlen aus dem Raffinerie-Geschäft den Gewinn im dritten Quartal um 89 Prozent in die Höhe getrieben zu haben. Argentinien habe mit der Verstaatlichung einen bilateralen Vertrag von 1991 zum Schutz von Investitionen gebrochen, heißt es aus Madrid. Buenos Aires wiederum droht mit einer Gegenklage wegen Umweltschädigung. Eigentlich war es aber zur Verstaatlichung gekommen, weil die Regierung den Spaniern vorwarf, YPF "auszuhöhlen", Dividenden ins Ausland zu schaffen und gleichzeitig Investitionen und Produktion in Argentinien herunterzufahren.
Dem so heiß ersehnten Devisenzuwachs ist das nicht gerade zuträglich. Am Kapitalmarkt muss Argentinien inzwischen stolze elf Prozent berappen. Und so erklärte Staatspräsidentin Kirchner schließlich Bundespräsident Fischer auf die Frage nach dem Abbau der umstrittenen Importbeschränkungen, dass das Land auf eine positive Handelsbilanz angewiesen sei. Und so kann sich Österreich wohl auf den Kauf argentinischer Zitronen einstellen, will es seine Skier jenseits des Atlantiks verkaufen.