Die Rugby-WM startet in die K.o.-Runde
Vorrunde eine Erfolgsgeschichte - nur nicht für England
Nach zwei Niederlagen in Folge gegen Wales (25:28) und Australien (13:33) hatte sich England im eigenen Rugby-Tempel Twickenham vorzeitig - und als erster WM-Gastgeber überhaupt - schon nach der Vorrunde verabschiedet. Im bedeutungslosen letzten Spiel gegen Uruguay ließen die Engländer zwar noch einmal ordentlich Dampf ab (60:3), doch die Zukunft von Nationalcoach Stuart Lancaster (Vertrag bis 2020) hängt am seidenen Faden.
Ausverkaufte Stadien mit 2,41 Millionen verkauften Tickets, pickepacke volle Fanzonen und hohe Einschaltquoten (auch in Deutschland verfolgten drei Millionen Zuschauer die Spiele im TV) - abgesehen vom frühzeitigen Aus eines der beiden Gastgeber können die Organisatoren mit der WM hochzufrieden sein. Die sogenannte "Pool Phase" mit 40 Spielen erklärten sie zu einem "atemberaubenden Schaufenster für unseren Sport".
Die "Kleinen" mucken auf - vor allem Japan
Dass die Teams aus der zweiten Reihe, in der Vergangenheit nur Kanonenfutter für die großen Rugby-Nationen, inzwischen besser mithalten können, machte einen Teil des Spektakels aus. Bestes Beispiel: Die Japaner, denen zum Auftakt gegen Südafrika die größte Überraschung der WM-Historie gelang. Zuvor hatte Japan in sieben Turnieren nur ein Spiel gewonnen, diesmal waren es gleich drei. Dass diese Anzahl an Vorrundensiegen nicht zum Einzug in die K.o.-Runde reichte, hatte es bei der Rugby-WM bisher noch nicht gegeben. Auch Georgien, Tonga und Rumänien machten auf sich aufmerksam.
In den Viertelfinals, die am Samstag und Sonntag in Twickenham und Cardiff stattfinden, stehen nun aber wieder die Topteams im Mittelpunkt. Viermal heißt es dabei Nordhalbkugel gegen Südhalbkugel.
Südafrika gegen Wales (Samstag, 17 Uhr, Twickenham)
Den Anfang macht das Duell zwischen Südafrika und Wales. Für die Springboks war die Auftakt-Blamage gegen Japan in Brighton vielleicht genau der richtige Weckruf. Danach fand sich der zweimalige Weltmeister trotz des Ausfalls von Kapitän Jean de Villiers auch personell. Auch an den Walisern ist die Vorrunde nicht spurlos vorübergegangen, eine ellenlange Verletztenliste, auf der zahlreiche Leistungsträger stehen, macht das Viertelfinalduell zu einem schwierigen Unterfangen. Das große Plus der Waliser: ihr unbändiger Kampfgeist und Teamspirit. Abschreiben sollte man sie deshalb nicht, auch wenn die Bilanz mit 28:2 klar für Südafrika spricht.
Neuseeland gegen Frankreich (Samstag, 21 Uhr, Cardiff)
Im abschließenden Vorrundenduell zwischen Irland und Frankreich ging es nur um eins: ein Viertelfinale gegen Neuseeland zu vermeiden. Das gelang den Iren durch einen 24:9-Erfolg. Nun müssen die Franzosen in Cardiff gegen die All Blacks ran. Und da werden Erinnerungen an 2007 wach. Vor acht Jahren fügten die Franzosen den favorisierten Neuseeländern eben im Millennium Stadium im WM-Viertelfinale eine ihrer bittersten Niederlagen überhaupt zu. Ist ein solcher Coup erneut möglich? Viel deutet nicht darauf hin. Tat es 2007 allerdings auch nicht. Die Offensive des amtierenden Weltmeisters in Schach zu halten, wird für die Franzosen aber ein schwieriges Unterfangen. Neuseeland fuhr gegen den einstigen "Angstgegner" zuletzt acht Siege in Folge ein, den wichtigsten davon im WM-Finale 2011 im eigenen Land (8:7).
Irland gegen Argentinien (Sonntag, 14 Uhr, Cardiff)
Irlands Freude über den Sieg gegen Frankreich wurde durch mehrere Verletzungen getrübt. Auch Kapitän Paul O'Connell musste den Platz auf einer Trage verlassen und fällt wegen einer schweren Oberschenkelblessur aus. Hinter dem Einsatz von Leistungsträger Johnny Sexton steht noch ein Fragezeichen. Die Iren gehen am Sonntag in Cardiff dennoch als Favorit ins Duell gegen Argentinien. Vorsicht ist aber geboten: Die Pumas zeigten bisher starkes Offensiv-Rugby. So richtig hat sie dennoch niemand auf dem Zettel. Ein Fehler? Edel-Fan Diego Maradona und die lautstarken argentinischen Anhänger würden sicher gerne noch ein bisschen weiterfeiern.
Australien gegen Schottland (Sonntag, 17 Uhr, Twickenham)
Australien muss man spätestens nach dem 12:6 gegen Wales auf der Rechnung haben. Nach zwei Feldverweisen hielten die Wallabies in Twickenham mit nur 13 Spielern nach aufopferungsvollem Kampf den Vorsprung. Eine Woche zuvor hatte das Team von Coach Michael Cheika den Londoner Rugby-Tempel mit dem Sieg gegen den anderen Gastgeber England zum Schweigen gebracht und dessen Aus besiegelt. Die Wallabies schafften es ohne Niederlage durch die vielbeschworene "Todesgruppe". Am Sonntag sind sie wieder in Twickenham im Einsatz. Nach England und Wales heißt der Gegner diesmal Schottland. Auch bei den Schotten, die ihr Viertelfinal-Ticket durch das 36:33 gegen Samoa buchten, ist das Selbstvertrauen groß. "Unterschätzt uns so viel ihr wollt", meinte Flügelspieler Sean Lamont, der gegen Samoa sein 100. Länderspiel absolvierte: "Aber dann beißen wir euch in den Hintern." Die Viertelfinals können beginnen.
Das Viertelfinale im Überblick
Samstag, 17. Oktober
Südafrika - Wales (17 Uhr, Twickenham)
Neuseeland - Frankreich (21 Uhr, Cardiff)
Sonntag, 18. Oktober
Irland - Argentinien (14 Uhr, Cardiff)
Australien - Schottland (17 Uhr, Twickenham)
ski