Fünf Uhr am Morgen. Die Kirchen in Argentinien platzen aus allen Nähten. Der Grund ist eine Live-Übertragung aus Rom. Alle sind gekommen, um zu sehen, wie sich ihr Papst der Welt präsentiert. Mitten unter ihnen ist ein Hattinger. Christian Modemann ist Jesuit, verbringt ein Jahr in Argentinien und hat die Wahl von Papst Franziskus in dessen Heimatland miterlebt.
Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht „Habemus papam“ überall – über das Fernsehen, über Handys. „Bei der Abendmesse in der Jesuitenkirche in Córdoba standen die Menschen in den Gängen und bis auf den Platz hinaus, um gemeinsam zu beten und zu danken“, berichtet der 39-Jährige. Zufällig waren just vor einem Monat auch Christians Eltern zu Besuch in Argentinien und erlebten die Papstwahl mit ihrem Sohn in Córdoba, dem Gründungsort der Jesuiten in Südamerika. „Christian war am Abend noch in der Gründungskirche und hat sich als Diakon zur Verfügung gestellt“, erinnert sich Vater Gerd Modemann und ergänzt lachend: „Der kam gar nicht wieder.“ Nur eine Stunde nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses konnte er schon die ersten Plakate sehen, auf denen dem Papst gratuliert wurde.
Christian Modemann hat in Argentinien die Chance, durch seine Mitbrüder und deren persönliche Begegnungen viel über Franziskus zu erfahren. Durch einen Neffen Jorge Bergoglios, der in Frankfurt an der Hochschule Sankt Georgen als Gastprofessor tätig ist, an der auch Modemann studierte, war der Hattinger überhaupt erst zu seinem Einsatz in Argentinien gekommen. Dort berichteten ihm Mitbrüder davon, wie Franziskus die Menschen und seine Mitbrüder herausforderte: „Bergoglio war Rektor im großen Studienhaus San Miguel, einem Vorort von Buenos Aires, in dem junge Jesuiten aus zahlreichen Ordensprovinzen aus ganz Lateinamerika studierten. Wenn die Studenten am Wochenende von der Arbeit aus den Gemeinden zurückkehrten, schaute er auf ihre Schuhe. Wenn sie nicht staubig waren, fragte er sie, ob sie wirklich zu den Leuten, in die Häuser und durch die Straßen gegangen seien.“
Die Argentinier sind stolz, dass nun einer von ihnen die Katholische Kirche führt, „und sie verbinden damit eine Hoffnung auf einen geistigen Wandel auch in ihrem Land“, weiß Christian Modemann. Er berichtet, dass die ersten Auftritte von Papst Franziskus Staunen und Bewunderung in dessen Heimat hervorriefen. Der Jesuit aus Hattingen meint: „Es wird sich zeigen, wie sein Projekt von einer armen Kirche für die Armen weiter wirkt.“