Die US-Hedgefonds NML Capital und Urelius halten derzeit ganz Argentinien in Atem. Der Grund: Ein US-Richter hat entschieden, dass das südamerikanische Land zuerst die Staatsanleihen der US-Fonds bedienen muss, bevor es seine Schulden bei anderen Gläubigern begleichen darf. «Keinen Cent für die Aasgeier», gab Präsidentin Christina Kirchner daraufhin als Doktrin heraus. Dabei blieb es. Seit Ende Juli gilt Argentinien damit als «technisch zahlungsunfähig». Ende dieses Monats stünde ein nächster Zahlungstermin an. Darum peitscht die Regierung derzeit ein Gesetz durch den Senat und das Repräsentantenhaus, das vorsieht, dass Gläubiger ihre nach US-Recht erworbenen Staatsanleihen in Papiere nach argentinischen Recht umtauschen können. Ob jemand davon Gebrauch macht, wird sich weisen.
Das Volk erlebt derweil einmal mehr, wie die Wirtschaft langsam in sich zusammenbricht. Das Land ist in eine Rezession gerutscht. Die chronisch hohe Inflation scheint noch einmal zuzunehmen.
EU-Länder für einmal uneinig
Argentiniens Regierung hat als Schauplatz für ihren Kampf gegen die sogenannten Geierfonds nun auch die UNO entdeckt. Präsidentin Kirchner schwang jüngst an der UNO-Generalversammlung in New York die verbale Keule und beschimpfte die US-Hedgefonds als «wirtschaftliche Terroristen, die Armut, Elend und Hunger bringen».
Gestern war die Reihe an Aussenminister Héctor Timerman. Dieser reiste nach Genf, um im UNO-Menschenrechtsrat eine Resolution präsentieren, welche die Praktiken von Hedgefonds als menschenrechtswidrig verurteilte und eine Untersuchung ihrer Tätigkeiten forderte. Der Rat stimmte der Resolution mit 33 Ja-, 5 Nein-Stimmen und 9 Enthaltungen klar zu.
Dabei fiel auf, dass der Block der EU-Staaten, die Resolutionen normalerweise geschlossen befürworten oder ablehnen, auseinanderbrach. Grossbritannien lehnte die Resolution ab, weil es den Menschenrechtsrat für den falschen Ort hält, um Wirtschaftsprobleme zu lösen. Dasselbe Argument brachten die USA vor. Frankreich hingegen enthielt sich der Stimme. Das Problem sollte zwar nicht im Menschenrechtsrat behandelt werden, aber man anerkenne die Risiken, die hinter Praktiken von Hedgefonds steckten, hiess es von französischer Seite. Mit Österreich, Italien, Estland, Rumänien und Irland folgten weitere EU-Staaten dem Vorbild Frankreichs. Auch sie enthielten sich der Stimme.
Aussenminister Timerman feierte den Ausgang der Abstimmung vor einer Schar argentinischer Journalisten als wichtigen Sieg für sein Land, weigerte sich dann aber zu so grundlegenden Fragen wie «Steht Argentinien mit den US-Fonds nach wie vor in Kontakt?» und «Was sind die nächsten politischen oder juristischen Schritte?» Stellung zu nehmen. Auch stellen sich noch ganz andere Fragen, etwa wie die Regierung das Vertrauen von Investoren zurückgewinnen will. Stattdessen fiel Timerman mit einem Satz auf, der zur aufgeheizten Situation im Land passt, über den Diplomaten aber wohl noch reden werden. «Die Geierfonds repräsentieren die Interessen der Militärdiktatur», lautete er.
(Tages-Anzeiger)
(Erstellt: 26.09.2014, 22:55 Uhr)