Anstatt um einen Hungermarsch handelte es sich bei der 34. Veranstaltung dieser Art im Jeverland eher um ein „Hungermärschchen“. Wegen des Dauerregens am Sonnabend hatten die Organisatoren die Marschstrecke verkürzt und auf eine kurze Andacht verzichtet. Das änderte jedoch nichts am finanziellen Erfolg der Aktion: Als Zwischenstand gab Jugenddiakon Fredo Eilts einen Betrag von rund 4500 Euro an. „Aber das steigt noch“, so der Schortenser. In diesem Jahr geht der Erlös des Hungermarsches wieder an „Brot für die Welt“. Im gesamten Kirchenkreis Friesland-Wilhelmshaven wurden bei den Märschen laut Eilts in diesem Jahr bisher rund 12 500 Euro eingenommen.
Wie berichtet, will „Brot für die Welt“ mit dem Geld Ureinwohner in Argentinien unterstützen, deren Land von Agro-Konzernen streitig gemacht wird. Es geht um die Finanzierung moderner Geoinformationssysteme und von Lobbyarbeit sowie um Rechtsbeistand. Damit will die Organisation ein Zeichen gegen das sogenannte „Land-Grabbing“ setzen. Damit bezeichnen Fachleute eine Form von Landraub, bei dem Großkonzerne sich in Drittwelt- oder Schwellenländern mit oft illegalen Mitteln Land von Kleinbauern aneignen. Angebaut werden dann hochwertige landwirtschaftliche Exportprodukte, die den Investoren satte Gewinne bescheren. Die heimische Landwirtschaft und die Umwelt bleiben dabei jedoch nicht selten auf der Strecke.
Am Rande des Marsches, der mit rund 300 Konfirmanden aus dem ehemaligen Kirchenkreis Jever im Klosterpark gestartet war, räumte Eilts im Gespräch mit dem Wochenblatt ein, dass das abstrakte Thema „Land-Grabbing“ unter Pastoren und Diakonen heftig diskutiert worden war. Das sagte auch Stefan Grünefeld. Für die Konfirmanden sei es einfacher zu verstehen, wenn ein Mensch in Afrika hungert oder ein Kind für die Wasserversorgung mehrere Kilometer zum nächsten Brunnen laufen muss, so der Hooksieler Pastor. Trotzdem zeigten sich Grünefeld und Eilts überrascht vom Interesse vor allem politisch interessierter Jugendliche an dem Thema.
Tatsächlich sind die Zusammenhänge in Sachen „Land-Grabbing“ kompliziert und haben auch etwas mit dem Konsumverhalten in den Industrienationen zu tun. Dass dabei grundsätzlich der Griff in ein Supermarktregal auch für den deutschen Verbraucher problematisch ist, gab auch Stefan Grünefeld zu. Denn in vielen Lebensmitteln sind Rohstoffe verarbeitet, die nach Landraub in Entwicklungs- oder Schwellenländern von Agrar-Multis angebaut werden.
Da kam der eine oder andere Marschierer vielleicht auch beim Anblick der Würstchen ins Grübeln, die beim Martin-Luther-Haus an die Hungermarschierer verteilt wurden. Denn auch die Tiere, von denen das Fleisch für die Würste stammt, könnten mit Soja aus zweifelhaften Anbaumethoden gefüttert worden sein.