Ein WM-Viertelfinale gegen einen zweimaligen Titelträger mit einem vierfachen Gewinner des FIFA Ballon d'Or in seinen Reihen, dazu ein gut gefülltes Stadion in Brasília, das weitgehend Argentinien unterstützte – manch einem wäre angesichts dieser Rahmenbedingungen womöglich das Herz in die Hose gerutscht, doch das junge Truppe aus Europa wirkte beim Einlaufen in die Arena entspannt und in sich ruhend. Man spürte, dass dem Team mit dem Einzug ins Viertelfinale bereits ein großer Teil des Erfolgsdrucks abgefallen war.
Ein Erfolg des Geheimfavoriten gegen die Albiceleste wäre das Tüpfelchen auf dem berühmten "i" eines bisher großartigen Turniers der Roten Teufel. Doch nach nur acht Spielminuten erhielten die Hoffnungen auf die Runde der letzten Vier einen ersten Dämpfer. Gonzalo Higuain traf zur frühen Führung. "Das Tor in der Anfangsphase hat richtig weh getan. Uns fehlte das berühmte Quäntchen Glück", analysierte Eden Hazard, Belgiens Schlüsselspieler in der Offensive, am Mikrofon der FIFA.
"Ich bin sehr enttäuscht, aber wir haben trotzdem eine gute Weltmeisterschaft gespielt, weil wir unser Ziel erreicht haben", präzisierte der Mittelfeldspieler, mehr schlecht als recht versuchend, den Frust über das Ausscheiden, aber auch über seine eigene Auswechslung 15 Minuten vor dem Ende zu kaschieren. Doch seine Stimme verriet deutlich, wie sehr ihn das Verpassen des WM-Halbfinals wurmt. Dazu musste Hazard noch nicht einmal viel sagen, sein Gesicht sprach Bände. Belgien operierte häufig mit langen Bällen, die eigentlich eine Spezialität des begnadeten Technikers sind. Aber die Rechnung ging nicht auf. Die Raumaufteilung der Argentinier erwies sich als schlicht zu gut.
Argentinien eine Nummer zu groß
Alle konnten sehen: Diese belgische Spielergeneration hat eine große Zukunft. Aber Brasilien kam für sie etwas zu früh. Eine Mannschaft wie Argentinien ist noch eine Nummer zu groß. Sehr zum Leidwesen Hazards, der davon träumt, eines Tages wie Messi den Ballon d'Or zu gewinnen, war das Viertelfinale der beste Beleg für diese These. "Die Argentinier sind es gewohnt, Spiele auf höchstem Niveau zu bestreiten, in denen die Nervenbelastung riesig ist. Sie haben die Erfahrung, die es braucht, um Spiele mit kleinen Aktionen zu entscheiden." Da ist es, dieses Wort: Erfahrung. Erfahrung, die die Roten Teufel zwangsläufig nicht haben können, denn sie waren seit zwölf Jahren nicht mehr bei einer WM-Endrunde dabei.
Man muss ihnen die mangelnde Routine also nachsehen. Umso wichtiger ist, dass Belgien jetzt aus dieser Weltmeisterschaft lernt. "Wir haben eine Lektion erteilt bekommen, aus der wir nun unsere Lehren ziehen müssen", betont Belgiens Schaltzentrale. Die Argumente liegen auf der Hand. "Wir haben eine junge, sehr talentierte Mannschaft. Wir müssen uns jetzt auf die Zukunft konzentrieren. Es ist ja für sich genommen schon eine Leistung, auf diesem Niveau zu spielen", versucht sich der Chelsea-Akteur zu trösten und sein Lächeln wiederzufinden.
Was also fehlt den Belgiern noch, um einen Abwehrriegel wie den von Argentinien zu knacken? Hazard sucht keine Ausflüchte. Ihm und seinen Mitspielern ist es nicht gelungen, den Schalter noch einmal umzulegen: "Wir müssen an den Automatismen arbeiten und im Training wieder voll dabei sein." Auch wenn das Ausscheiden gegen Argentinien also letztlich nichts Ungewöhnliches ist, trauert der 23-Jährige der verpassten Gelegenheit dennoch nach. "Ich habe das Gefühl, dass für uns noch mehr möglich gewesen wäre", hadert er. "Aber wir müssen den Kopf oben behalten."
Mit einer Mischung aus Frust und Stolz kehren die Belgier nach Hause zurück. Das gesetzte Ziel haben sie erreicht, aber es bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Hazard für seinen Teil ist unter dem Strich nicht ganz unzufrieden, hat er doch viel Erfahrung hinzu gewonnen und verspricht im Namen seiner Mannschaftskameraden, aus der Niederlage gestärkt hervorzugehen.